Mit dem „Gebäudetyp E“-Gesetz will das Bundesjustizministerium es erleichtern, innovativ und kostengünstig Wohnungen zu bauen. Dazu soll bei Bauverträgen leichter von Standards abgewichen werden können. Nach Ansicht der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) schaffen die geplanten Neuregelungen jedoch Folgeprobleme.
Das Schlagwort „Gebäudetyp E“ bezeichne die Forderung nach einfacheren, flexibleren Planungsmöglichkeiten für den Wohnungsneubau, erläutert die Kammer. Die Baukosten seien in den vergangenen Jahren unter anderem wegen erhöhter Baustandards gestiegen. Die Konferenz der Bauminister der Länder habe darauf reagiert, indem sie in der Musterbauordnung eine Vorschrift eingeführt habe, die es erleichtert, von bauordnungsrechtlichen Vorgaben abzuweichen. Diese Vorschrift sei von einigen Ländern bereits in den Landesbauordnungen umgesetzt worden beziehungsweise solle noch umgesetzt werden.
Auch im Bereich des Zivilrechts würden Vereinfachungen gefordert. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei ein Werk nur dann mangelfrei, wenn es den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Diese seien aber nicht sicherheitsrelevant und innovative Bauweisen würden dadurch faktisch ausgeschlossen. Um Abweichungen zu vereinbaren, müssten umfangreiche Aufklärungs- und Hinweispflichten eingehalten werden.
Mit dem vom Bundesjustizministerium Ende Juli als Referentenentwurf vorgelegten Gesetz zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz) solle es fachkundigen Unternehmern erleichtert werden, Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik zu vereinbaren. Dazu sollen neue Regelungen für Gebäudebauverträge sowie für Architekten- und Ingenieurverträge und Bauträgerverträge geschaffen werden. Ziel sei es, der Krise im Wohnungsbau auch im Bereich des Zivilrechts entgegenzuwirken.
In ihrer Stellungnahme begrüßt die BRAK die Zielsetzung des Entwurfs, durch Änderungen des Bauvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) einfaches, innovatives und kostengünstiges Bauen zu erleichtern und so insbesondere den Wohnungsneubau zu fördern. Die Änderungsvorschläge zu §§ 650a und 650o BGB n.F. hält die BRAK hierfür in der vorliegenden Form jedoch nur für bedingt geeignet. Denn durch sie würden neue rechtliche Bewertungsprobleme geschaffen, die zur Verunsicherung bei den Baubeteiligten und am Immobilienmarkt beitragen und zu vermehrten Rechtsstreitigkeiten führen könnten.
Zudem würden die geplanten Änderungen dazu führen, dass Gebäude mit unterschiedlichen Standards und unterschiedlicher Wertigkeit errichtet werden. Dies könne Folgeprobleme unter anderem im Kauf- und Mietrecht herbeiführen.
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit kritisiert die BRAK zudem, dass bautechnische Normen für die Baubeteiligten regelmäßig nur schwer zugänglich sind. Für eine rechtliche Bewertung seien diese Normen unerlässlich, könnten jedoch ausschließlich kostenpflichtig über privatwirtschaftlich getragene Stellen erworben werden.
Ob die geplante Ausnahmevorschrift, nach der Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik nicht automatisch einen Sachmangel darstellen sollen, zu einer Vereinfachung führen kann, bezweifelt die BRAK. Denn der Entwurf regele nicht, in welchem Umfang der Besteller informiert werden muss. Daher werde im Zweifel von einer umfassenden Informationspflicht auszugehen sein, die auch nach der bisherigen Rechtsprechung gilt.
Bundesrechtsanwaltskammer, PM vom 19.09.2024