Ein Rückflug wird vorverlegt und eine reisende Familie verpasst ihn. Sie muss Ersatztickets kaufen und verlangt die Kosten vom Reiseveranstalter ersetzt. Jedoch bleiben die Gründe für das Zuspätkommen unklar – und die Reisenden daher auf den Zusatzkosten sitzen. So das Amtsgericht (AG) München.
Ein Mann buchte für sich, seine Ehefrau und seine beiden sieben und 18 Monate alten Kinder eine Pauschalreise nach Antalya. Der Rückflug war am 05.10.2022 für 23.20 Uhr ab Antalya geplant, wurde jedoch zunächst auf 23.55 Uhr verschoben. Hierüber wurde der Kläger per E-Mail am Vorabend informiert. Der Check-Out im Hotel war für 12.00 Uhr vorgesehen.
Nach den Ausführungen des Klägers war ursprünglich geplant, den Tag mit der Familie seines Bruders, der in einem anderen Hotel in Antalya wohnte, in Antalya zu verbringen. Um die Reisedokumente und Pässe nicht den ganzen Tag herumtragen zu müssen, seien diese im Safe im Hotel des Bruders aufbewahrt worden. Beim Auschecken an der Hotelrezeption um 12.00 Uhr sei dem Kläger dann von der Rezeption mitgeteilt worden, dass die Familie auf einen anderen Flug umgebucht worden sei, der bereits um 19.50 Uhr stattfinde, und dass der Shuttle-Bus um 16.35 Uhr am Hotel des Klägers abfahre.
Der Reisende meint, er habe alles getan, damit er und seine Familie den vorverlegten Flug erwischen: Gegen 13.00 Uhr habe er sich mit seiner Familie auf den Weg nach Antalya gemacht, um dort die Familie des Bruders zu treffen und von diesem den Hotelschlüssel zu erhalten, um die im Hotel des Bruders aufbewahrten Reiseunterlagen zu holen. Gegen 15.00 Uhr habe man sich getroffen und der Bruder habe ihm seinen Schlüssel gegeben. Sodann hätten noch Nahrungsmittel für die Kinder gekauft und die Kinder gefüttert und gewickelt werden müssen. Als man schließlich um 17.15 Uhr wieder am eigenen Hotel angelangt sei, sei der Shuttlebus schon weg gewesen. Sie seien dann gegen 17.45 Uhr mit einem Taxi losgefahren, um am Hotel der Familie des Bruders noch die Reiseunterlagen abzuholen. Obwohl der Taxifahrer mit Vollgas zum Flughafen gefahren sei, sei man erst gegen 19.00 Uhr dort angekommen. Das Boarding sei zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen.
Mit der Klage forderte der Kläger Ersatz der Kosten für die Rückflugtickets. Er geht davon aus, dass die Beklagte ihn nicht ordnungsgemäß über die erneute Änderung informiert und er diese rein zufällig beim Auschecken erfahren habe. Aufgrund der zwei kleinen Kinder und den im anderen Hotel aufbewahrten Unterlagen sei es dann nicht mehr zumutbar möglich gewesen, den Shuttle-Bus zu erreichen.
Das Gericht wies die Klage weitestgehend ab und sprach dem Kläger lediglich einen Anspruch auf Minderung in Höhe von 83,20 Euro aufgrund der Verkürzung der Reise durch die Vorverlegung des Rückflugs von ursprünglich 23.20 Uhr auf 19.50 Uhr zu.
Für das Gericht war nicht nachvollziehbar, wieso es nicht möglich war, die Reiseunterlagen aus dem Hotel des Bruders auf andere Weise zu besorgen. Es sei dem Kläger möglich und zumutbar gewesen, nach Mitteilung der Vorverlegung bis zur Abfahrt des Shuttles um 16.35 Uhr alles Notwendige zu organisieren. Stattdessen enthalte die Darlegung des Klägers zum Zeitablauf vom Checkout im Hotel bis zur verspäteten Rückkehr zum Hotel diverse Elemente, die mit Schadensminderungspflichtüberlegungen nicht in Einklang zu bringen beziehungsweise unsubstantiiert seien, so das AG. So sei die Schilderung des gesamten Zeitraums von (circa) 12.00 bis 15.00 Uhr, also dem letztlichen Zusammentreffen mit der „restlichen Familie“ geprägt von Unklarheiten und Andeutungen, nicht aber von der gradlinigen Darstellung eines Versuchs, die Reisepapiere zu erlangen.
Amtsgericht München, Urteil vom 30.01.2024, 172 C 14078/23, rechtskräftig