Ob Lehrende sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Es gibt keine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit – insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule – bei entsprechender Vereinbarung stets als selbstständig anzusehen wäre. Das stellt das Bundessozialgericht (BSG) klar.
Eine Volkshochschule bietet unter anderem Kurse zur Vorbereitung auf die Erlangung eines Realschulabschlusses auf dem zweiten Bildungsweg an. Ein Student vereinbarte mit ihr die Erteilung von Unterricht im Rahmen solcher Kurse. Nach den Vertragsbedingungen der Volkshochschule war ein Weisungsrecht ausgeschlossen. Die Volkshochschule stellte die Unterrichtsräume zur Verfügung und stimmte die Unterrichtseinheiten zeitlich mit den Dozenten ab. Den Unterricht gestaltete der Student selbstständig.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund meinte, der Student sei sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Sozialgericht und Landessozialgericht (LSG) sahen dies anders. Für die Zeit vor Juni 2022 habe es eine maßgebliche höchstrichterliche «Sonderrechtsprechung« gegeben, nach der lehrende Tätigkeiten grundsätzlich als selbstständige Tätigkeiten zu beurteilen gewesen seien, so das LSG unter Verweis insbesondere auf ein BSG-Urteil vom 12.02.2004 (B 12 KR 26/02 R). Erst durch das so genannte Herrenberg-Urteil vom 28.06.2022 (B 12 R 3/20 R) sei eine Änderung eingetreten. Auf davor liegende Zeiträume seien die vermeintlich geänderten Grundsätze nicht übertragbar.
Dem hat das BSG nun widersprochen und das Urteil des LSG aufgehoben. Nach den maßgeblichen Verhältnissen des Einzelfalls sei der Student jedenfalls in der Zeit vom 07.08.2017 bis zum 22.06.2018 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Hinsichtlich der späteren Zeiträume hat das BSG die Sache zur Durchführung weiterer Ermittlungen an das LSG zurückverwiesen. Während selbstständige Lehrer, die der Rentenversicherungspflicht unterliegen, ihre Beiträge selbst tragen müssen, werden die Beiträge im Fall der Beschäftigung von den Versicherten und den Arbeitgebern grundsätzlich zur Hälfte getragen.
Auch wenn die Volkshochschule geltend mache, durch die Beitragszahlung für vergangene Zeiträume gegebenenfalls unzumutbar zusätzlich belastet zu werden, vermöge allein das keinen Vertrauensschutz zu begründen. Eine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit – insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule – bei entsprechender Vereinbarung stets als selbstständig anzusehen wäre, existiere nicht. Daher könne sich die Volkshochschule auch nicht auf den Fortbestand einer früheren Rechtsprechung berufen. Entscheidungen über das Vorliegen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen beruhten stets auf einer Einzelfallbeurteilung.
Bundessozialgericht, Urteil vom 05.11.2024, B 12 BA 3/23 R