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Sieben Grundschüler in Baden-Württemberg müssen vorerst hinnehmen, nicht das Gymnasium besuchen zu dürfen. Das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe hat ihre Eilanträge zur verbindlichen Grundschulempfehlung abgelehnt. Gleichzeitig hat es allerdings Zweifel an der Rechtmäßigkeit des so genannten Potenzialtests geäußert.

Baden-Württemberg hat die verbindliche Grundschulempfehlung im Schuljahr 2024/2025 wieder eingeführt. Nach der bis Anfang Februar 2025 geltenden Rechtslage war diese Empfehlung unverbindlich: Die Erziehungsberechtigten durften entscheiden, welche weiterführende Schulart ihr Kind besuchen soll.

Jetzt setzt die Aufnahme in ein allgemeinbildendes Gymnasium dagegen eine Gymnasialempfehlung durch die Grundschule oder die erfolgreiche Teilnahme an einer Kompetenzmessung voraus. Wird keine der beiden Voraussetzungen erfüllt, kann die Aufnahme in das Gymnasium auch aufgrund des Ergebnisses eines Potenzialtests erfolgen, der vom Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg bereitgestellt und an den Gymnasien durchgeführt wird.

Diese Regelungen gelten für Grundschüler öffentlicher und anerkannter privater Grundschulen, nicht aber für Schüler lediglich genehmigter privater Grundschulen. Letztere können nur nach einem erfolgreichen Potenzialtest in ein Gymnasium aufgenommen werden.

Die die Eilverfahren betreibenden Schüler, die auf einer genehmigten Privatschule beschult werden und die dadurch weder eine pädagogische Gesamtwürdigung erhielten noch an einer Kompetenzmessung teilnehmen durften, nahmen an den im Februar 2025 durchgeführten Potenzialtests teil, bestanden sie aber nicht.

Die Schüler wollten daher im Wege des einstweiligen Anordnungsverfahrens in erster Linie erreichen, dass für sie noch die bisherige Rechtslage gilt. Daneben begehrten sie vom Regierungspräsidium Karlsruhe, es ihnen einstweilen zu gestatten, am Unterricht eines Gymnasiums teilnehmen zu dürfen. Damit hatten sie keinen Erfolg.

Das VG Karlsruhe erachtete die auf die Fortgeltung der alten Rechtslage gerichteten Anträge als unzulässig. Für die Klärung der Frage, ob die maßgebliche Aufnahmeverordnung anwendbar beziehungsweise gültig sei, sei das Normenkontrollverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg vorrangig, das die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ermögliche. Jene Verfahrensart dürfe nicht durch entsprechend gefasste Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen vor dem VG umgangen werden.

Daneben habe diesen Anträgen auch das besondere Rechtsschutzinteresse für den vorbeugenden Rechtsschutz gefehlt. Das VG sieht nicht die Gefahr, dass irreversible Fakten geschaffen würden und dadurch nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden. Den Schülern sei ein weiteres Abwarten in der Weise zumutbar, als gegen die (zukünftige) ablehnende Entscheidung eines Gymnasiums vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden könne.

Das VG hält die Anträge auch in der Sache für unbegründet. Die maßgebliche Aufnahmeverordnung sei nach ihrem Wortlaut und unter systematischen Erwägungen im noch laufenden Schuljahr 2024/2025 anzuwenden.

Soweit die Schüler weiter – vom Regierungspräsidium Karlsruhe – begehrten, es ihnen einstweilen zu gestatten, am Unterricht eines anerkannten Gymnasiums teilnehmen zu dürfen, seien auch diese Anträge unzulässig. Ihnen fehle das qualifizierte Rechtsschutzinteresse. Das Abwarten einer ablehnenden Entscheidung eines Gymnasiums sei zumutbar. Daneben seien diese Anträge in der Sache nicht begründet. Den geltend gemachten Anspruch könne nicht das Land als Antragsgegner erfüllen, sondern allein das anerkannte private Gymnasium.

Wenngleich die Anträge ohne Erfolg blieben, nahm das VG Karlsruhe die Verfahren zum Anlass, auf Bedenken in Bezug auf den Gesetzesvorbehalt hinzuweisen. Dieser Grundsatz verlange, dass staatliche Bestimmungen umso detaillierter einen Sachverhalt regeln müssen, je intensiver der mit ihnen bewirkte Eingriff in die betroffenen Grundrechte ist. Wesentliche Entscheidungen im Schulwesen müsse der Gesetzgeber selbst treffen. Sie dürften nicht der Schulverwaltung überlassen werden.

Das VG hat Zweifel, ob der Gesetzesvorbehalt hinsichtlich der Regelungen zum Potenzialtest gewahrt ist. Insbesondere legten weder das Schulgesetz für Baden-Württemberg noch die aktuell geltende Aufnahmeverordnung die Mindestvoraussetzungen im Potenzialtest fest, um die Aufnahmevoraussetzungen für das Gymnasium zu erfüllen. Dies werde dem Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg überantwortet. Dadurch bestünden Bedenken an der Rechtmäßigkeit des im Februar 2025 durchgeführten Potenzialtests.

Gegen die Beschlüsse des VG kann Beschwerde beim VGH eingelegt werden.

Verwaltungsgericht Karlsruhe, PM vom 04.04.2025