Der Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf einen Elternteil steht die Erteilung einer umfassenden Sorgerechtsvollmacht durch den anderen Elternteil nicht entgegen, wenn den Eltern die für die Ausübung der Vollmacht erforderliche Kommunikationsfähigkeit oder -bereitschaft fehlt. Dies hat das Amtsgericht (AG) Frankenthal entschieden.
Die Eltern dreier minderjähriger Kinder sind noch verheiratet, leben aber getrennt. Das Scheidungsverfahren läuft. Die Eltern üben das Sorgerecht bislang gemeinsam aus, kommunizieren aber seit etwa eineinhalb Jahren praktisch nicht mehr miteinander. In der Zeit des gemeinsamen Zusammenlebens hatte es immer wieder heftige Auseinandersetzungen gegeben, die teilweise in gewalttätigen Übergriffen endeten. Der Noch-Ehemann hat die Mutter seiner Kinder in einem Gerichtstermin umfänglich hinsichtlich der elterlichen Sorge bevollmächtigt. Die Mutter begehrt dennoch die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich.
Das AG hat ihrem Anliegen entsprochen und die gemeinsame elterliche Sorge aufgehoben. Es entspreche dem Kindeswohl am besten, die elterliche Sorge auf die Mutter allein zu übertragen. Dies werde nicht dadurch entbehrlich, dass der Vater der Kinder der Mutter eine umfangreiche Sorgerechtsvollmacht erteilt hat. Denn trotz des durch die Vollmacht erweiterten Handlungsspielraums des bevollmächtigten Elternteils sei eine ausreichende Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern erforderlich. Diese könne hier nicht positiv festgestellt werden: Der Mutter fehle die Kooperationsbereitschaft, wie sie ausdrücklich bekundet habe, dem Vater die Kooperationsfähigkeit, wie sein Verhalten zeige.
Zwar habe letzterer seinen mutmaßlichen Kooperationswillen dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er seiner Frau im Termin eine Sorgerechtsvollmacht erteilt hat. Dies sei allerdings nur nach intensivem Zureden durch das Gericht einerseits und seiner Verfahrensbevollmächtigten andererseits und unter dem Druck der im Übrigen eindeutigen, zu seinen Lasten sprechenden Verfahrenssituation erfolgt. Ein echtes Einsehen könne daraus nicht gefolgert werden.
Insbesondere fehle dem Vater in wesentlichen Punkten ein Einsehen in eigenes Fehlverhalten in der Vergangenheit sowie jegliche Empathie für Ängste oder negative Umstände, die sein Verhalten ausgelöst haben könnte. Vor diesem Hintergrund ist das AG der Ansicht, dass es der Mutter momentan nicht zugemutet werden könne, gemeinsam mit ihrem Noch-Ehemann die elterliche Sorge auszuüben – sei es auch nur insofern, dass diesem die durch die Vollmachterteilung erhaltenen Mitwirkungs- und Kontrollbefugnisse verblieben. Eine Kooperation des bevollmächtigten Elternteils setze voraus, dass dieser ohne Angst in einen persönlichen Kontakt zum Antragsgegner eintreten kann. Daran fehle es hier.
Amtsgericht Frankenthal, Beschluss vom 18.01.2024, 71 F 214/23, rechtskräftig