Wegen der heftigen Unwetter in Norditalien Mitte Mai 2023 durfte ein Mann von einer gebuchten Pauschalreise „Kultur und Genuss in Italien 2023“ zurücktreten, die Mitte Juni 2023 starten sollte. Das hat das Landgericht (LG) Frankfurt am Main bestätigt.
Die Reise, die rund 2.400 Euro kostete, hatte der Mann für sich und eine weitere Person gebucht. Sie sollte vom 12. bis 19.06.2023 stattfinden. Am 16.05.2023 ereigneten sich in Norditalien heftige Unwetter. In der Region Bologna wurde der Katastrophenalarm ausgelöst. Es kam zu Erdrutschen und Überflutungen sowie etlichen Todesopfern. Nach dem Unwetter waren die Straßen aufgrund massiver Müllmengen kaum passierbar. Es wurden Badeverbote verhängt, da Coli-Bakterien über überflutete Flüsse ins Meer gelangt waren. Strände wurden geschlossen und es bestand die Gefahr einer Mückenplage.
Der Kläger erklärte einen Tag nach dem Unwetter, am 17.05.2023, den Rücktritt von der Reise und verlangte den bereits gezahlten Reisepreis zurück.
Das Amtsgericht gab seiner Klage statt. Die Berufung des Reiseveranstalters gegen diese Entscheidung hatte vor dem LG keinen Erfolg. Der Kläger habe vor Reisebeginn jederzeit vom Vertrag zurücktreten können. Grundsätzlich eröffne das Gesetz dem Reiseveranstalter im Gegenzug zwar einen Entschädigungsanspruch, den er dem Reisenden entgegenhalten könne. Im vorliegenden Fall stehe dem Veranstalter jedoch keine Entschädigung zu.
Der Reisende schulde keine Rücktrittsentschädigung, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Reise oder die Beförderung dorthin erheblich beeinträchtigen. Maßgeblich für einen entschädigungslosen Rücktritt eines Reisenden sei, ob zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei einer so genannten ex-ante Beurteilung aufgrund einer Prognose anzunehmen sei, dass besagte Umstände bis zum Reiseantritt auftreten.
Der Reisende trage grundsätzlich das Prognoserisiko, insbesondere falls er den Rücktritt vorschnell erklärt und in diesem Moment (noch) keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise oder Anreise zu erwarten ist, erläutert das LG. Im vorliegenden Fall habe für einen Durchschnittsreisenden in der Lage des Klägers zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung jedoch die hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden, dass aufgrund der extremen Regenfälle und massiven Überschwemmungen die Reise nach Norditalien mit Gefahren und Einschränkungen verbunden sein würde. Zu nennen seien die Beschädigung von Straßen, Gebäuden und der Infrastruktur oder die Verbreitung von Bakterien und Krankheiten. Der Einwand des beklagten Reiseveranstalters, die Reise sei später wie geplant mit den übrigen Teilnehmern der Reisegruppe beanstandungsfrei durchgeführt worden, sei nicht entscheidend.
Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.04.2025, 2-24 S 75/24, rechtskräftig