Eine teilzeitbeschäftigte Lehrerin ist vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Halle mit einer Klage gescheitert, mit der sie festgestellt wissen wollte, dass sie keine wöchentliche Vorgriffsstunde leisten muss.
Die Klägerin ist seit 1991 beim Land Sachsen-Anhalt als Lehrerin beschäftigt. Mit Wirkung vom 01.04.2023 bis 31.07.2028 ist § 4b Absatzatz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (ArbZVO-Lehr) des Landes Sachsen-Anhalt mit dem Inhalt neu eingefügt worden, dass vollbeschäftigte und teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte über die jeweilige Unterrichtsverpflichtung hinaus wöchentlich an allen Schulformen des Landes zusätzlich eine weitere Pflichtstunde (Vorgriffsstunde) zu erteilen haben. Die Vorgriffsstunde wird dem Ausgleichskonto zugeführt, auf Antrag kann sie auch ausgezahlt werden. Die Verpflichtung zur Erteilung einer Vorgriffsstunde gilt unter anderen nicht für behinderte Lehrkräfte mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 und für Lehrkräfte nach Vollendung des 62. Lebensjahres.
Inzwischen hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Entscheidung vom 07.03.2024 (1 K 66/23) einen gegen § 4b Absatz 1 ArbZVO-Lehr gerichteten Normenkontrollantrag einer beamteten Lehrerin zurückgewiesen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung wirksam ist.
Die Klägerin hat im Laufe ihrer Tätigkeit mehrerer Änderungsverträge bezüglich der Verringerung der Arbeitszeit abgeschlossen und ist nach dem letzten Arbeitsvertrag mit einer wöchentlichen Arbeitszeit in Höhe von 20/27 Pflichtstunden beschäftigt. Sie hat die ihr angeordneten Vorgriffsstunden abgeleistet, jedoch die Feststellung begehrt, dass die entsprechende Anordnung der wöchentlichen Vorgriffsstunde durch das beklagte Land unwirksam ist.
Das ArbG Halle ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anordnung der Vorgriffsstunden zulässig ist und auch auf teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte Anwendung findet. Auch die Regelung im letzten Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin wöchentlich 20/27 Pflichtstunden leisten muss, führe nicht dazu, dass sie die wöchentliche Vorgriffsstunde nicht leisten müsse.
Das ArbG Halle verweist in seiner Pressemitteilung auf eine abweichende Entscheidung des ArbG Stendal zu der Thematik. Dieses habe zugunsten einer ebenfalls teilzeitbeschäftigten Lehrerin mit Urteil vom 11.01.2024 (1 Ca 417/23) entschieden, dass die Weisung des beklagten Landes bezüglich des Ableistens einer Vorgriffsstunde pro Schulwoche ab April 2023 unwirksam ist. In dem dortigen Fall sei in dem letzten Arbeitsvertrag eine feste regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 18 Pflichtstunden vereinbart worden. Das ArbG habe diesen Vertrag dahingehend ausgelegt, dass das beklagte Land nicht per Weisung von dieser vertraglich fest vereinbarten Stundenzahl abweichen dürfe.
Beide Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil des ArbG Stendal hat das beklagte Land Berufung zum Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt eingelegt (1 SLa 23/24). Ein Termin ist in der Sache laut ArbG Halle noch nicht bestimmt.
Arbeitsgericht Halle, Urteil vom 28.06.2024, 6 Ca 1173/23