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Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat den Verfassungsbeschwerden zweier Arbeitgeberinnen stattgegeben, die sich insbesondere gegen die gerichtlich zuerkannte Zahlung höherer als der tariflich vereinbarten Nachtzuschläge wenden, und die Verfassungsbeschwerden der Verbände verworfen, die die betroffenen Tarifnormen vereinbart hatten.

Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen zwei Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Dieses hat die beschwerdeführenden verbandsangehörigen Arbeitgeberinnen jeweils zur Zahlung höherer als tarifvertraglich vereinbarter Zuschläge an die in Nachtschichtarbeit beschäftigten Kläger der Ausgangsverfahren verurteilt. Die differenzierenden Nachtarbeitszuschlagsregelungen (nach den gegenständlichen Tarifverträgen erhalten Nachtarbeitnehmer für ihre Tätigkeit zur Nachtzeit einen Zuschlag von 50 Prozent, während Nachtschichtarbeitnehmer für die Arbeit in der Nachtschicht lediglich einen Zuschlag von 25 Prozent erhalten) seien mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes unvereinbar und die tariflichen Zuschlagsregelungen in der Folge „nach oben anzupassen“, hatte das BAG entschieden. Die Verbände, deren Tarifnormen für mit der Verfassung unvereinbar befunden wurden, waren im Verfahren vor den Arbeitsgerichten nicht beteiligt.

Die Verfassungsbeschwerden der Verbände gegen die BAG-Entscheidungen erachtete das BVerfG als unzulässig. Die Entscheidungen des BAG verletzten aber die beschwerdeführenden Arbeitgeberinnen in ihrem Grundrecht aus Artikel 9 Absatz 3 Satz 1 Grundgesetz. Die Auslegung des BAG, wonach die tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen über die Nachtschichtarbeit mit dem Gleichheitssatz des Artikels 3 Absatz 1 GG unvereinbar seien und auf Rechtsfolgenebene die Zuschlagsregelungen zur Nachtarbeit Anwendung fänden („Anpassung nach oben“), berücksichtige die Koalitionsfreiheit nicht in verfassungsrechtlich zutreffender Weise, so das BVerfG. Zwar müssten die in kollektiver Privatautonomie handelnden Tarifvertragsparteien bei der Tarifnormsetzung den Grundsatz der Gleichbehandlung beachten. Bei der Prüfung der Tarifverträge habe das BAG aber die Bedeutung der Tarifautonomie aus Artikel 9 Absatz 3 GG für die Reichweite dieser Bindung an Artikel 3 Absatz 1 GG wie auch für die Folgen seiner Verletzung nicht ausreichend beachtet.

Das BVerfG hat die Urteile des BAG aufgehoben und die Sachen zurückverwiesen.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11.12.2024, 1 BvR 1109/21