Die Einsichtnahme in Steuerakten nach Durchführung des Besteuerungsverfahrens ist ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige hiermit steuerverfahrensfremde Zwecke verfolgen will, wie zum Beispiel die Prüfung eines Schadensersatzanspruchs gegen seinen Steuerberater. Hiervon unberührt bleibt ein Auskunftsanspruch über die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Maßgabe der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Das Finanzamt hatte gegen die Kläger Einkommensteuer für 2015 festgesetzt. Später beantragten diese, Einsicht in ihre Einkommensteuerakte zu erhalten. Sie wollten überprüfen, ob ihr Steuerberater ordnungsgemäße Angaben zu den steuerlichen Verhältnissen gemacht hatte. Dies lehnte das Finanzamt ebenso ab wie den späteren Antrag, Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Artikel 15 Absatz 1 und 3 DS-GVO durch Einsichtnahme in die Steuerakte zu erteilen. Das Finanzgericht trat dem entgegen und verpflichtete das Finanzamt, Akteneinsicht zu gewähren und den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch zu erfüllen.
Der BFH hob die von der Vorinstanz ausgesprochene Verpflichtung des Finanzamts zur Gewährung von Akteneinsicht auf und wies die Klage insoweit ab. Die Kläger hätten die Einsichtnahme erst nach Durchführung der Einkommensteuerveranlagung beantragt, sodass der einer Akteneinsicht innewohnende Anspruch auf rechtliches Gehör vor Erlass einer Verwaltungsentscheidung nicht berührt werde. Das Finanzamt sei auch nicht verpflichtet, die Kläger bei deren Prüfung, ob ein Schadensersatzanspruch gegen den Steuerberater bestehe, durch eine nachträgliche Akteneinsicht zu unterstützen. Die Kläger verfolgten insofern außerhalb des Besteuerungsverfahrens liegende Zwecke.
Das Finanzamt sei aber verpflichtet, den Klägern gemäß Artikel 15 DS-GVO Auskunft darüber zu erteilen, welche sie betreffenden personenbezogenen Daten verarbeitet worden seien. Gesetzliche Ausschlussgründe lägen nicht vor; insbesondere sei kein zugunsten des Steuerberaters eingreifendes Steuergeheimnis zu beachten. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch sei allerdings nicht einem Akteneinsichtsrecht gleichzusetzen. Der Kopienübermittlungsanspruch gemäß Artikel 15 Absatz 3 DS-GVO beziehe sich grundsätzlich nur auf die personenbezogenen Daten selbst und nicht auf Dokumente. Anderes gelte ausnahmsweise dann, wenn der Steuerpflichtige darlege, dass die Übersendung von Dokumentenkopien unerlässlich sei, um wirksam datenschutzrechtliche Ansprüche zu verfolgen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.05.2024, IX R 21/22