Wenn ein mit dem Winterdienst Beauftragter seiner Pflicht an einem Termin wegen extremen Schneefalls nicht nachkommen kann, rechtfertigt das nicht die Kündigung des Vertrages. Das stellt das Amtsgericht (AG) München klar.
Der Beklagte beauftragte den Kläger mit der Durchführung von Winterdienstarbeiten für zwei Anwesen in München. Im November 2022 schlossen die Parteien für jedes Anwesen einen Pauschalvertrag für die Zeit von Dezember 2022 bis März 2023. Der Vertrag sollte sich automatisch um jedes weitere Jahr verlängern und sah eine Kündigungsfrist von vier Monaten jeweils zum Ende eines Kalendermonats vor.
Am 01.12.2023 und 02.12.2023 setzte in München extremer Schneefall ein. Da der Kläger zu dieser Zeit seinen Räumpflichten nicht wie vereinbart nachkommen konnte, kündigte der Beklagte den Winterdienstvertrag am 03.12.2023 fristlos und verweigerte die Zahlung der monatlichen Pauschalvergütungen.
Der Kläger verklagte den Beklagten schließlich auf Zahlung von 1.660,89 Euro für die Erbringung des Winterdienstes in den Monaten von Dezember 2023 bis März 2024 für beide Anwesen sowie für hierbei verauslagten Splitt und Streusalz.
Das Gericht gab der Klage vollumfänglich statt: Der Ausfall der vertragsmäßigen Leistung des Klägers am 01./02.12.2023 stelle bereits keinen wichtigen Grund dar. Ein wichtiger Grund liege nach § 648a Absatz 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werkes nicht zugemutet werden kann. Die Fortsetzung des Winterdienstvertrages sei dem Beklagten hier aber ohne Weiteres zuzumuten.
Am Rekord-Winterwochenende vom 01.12. auf den 02.12.2023 habe in München extrem starker Schneefall geherrscht. Wie klägerseits unbestritten vorgetragen worden sei, hatte die Stadt München die Notstandsstufe 4 ausgerufen. Alle Räumdienste, die städtischen und die privaten, seien nicht mehr gekommen. Ganze Straßenzüge hätten überhaupt nicht mehr geräumt werden können. Bus-, Flug-, Straßenbahn-, Zug- und teilweise Autoverkehr seien zum Erliegen gekommen. Soweit der Kläger seinen Räumpflichten an diesem Tag nicht normal nachkam, sieht das Gericht darin schon keine vorwerfbare Pflichtverletzung. Die geschuldete normale Leistung sei ihm objektiv nicht möglich gewesen (§ 275 BGB). Dieser Umstand berechtige den Beklagten nicht, den Vertrag einseitig zu beenden, auch wenn er deswegen selbst räumen musste.
Für den Zeitraum nach der Kündigung ergibt sich der Vergütungsanspruch des Klägers laut AG jedenfalls aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs, soweit der Beklagte aus eigenem Antrieb selbst den Winterdienst übernommen hatte: Der Kläger sei bereit und in der Lage gewesen, die vertraglich geschuldete Winterdienstleistung zu erbringen. Er sei jedoch durch das Verhalten des Beklagten daran gehindert worden.
Amtsgericht München, Urteil vom 15.01.2025, 191 C 21246/24, nicht rechtskräftig