Für die zeitliche Anwendung des die rückwirkende Auszahlung festgesetzten Kindergeldes begrenzenden § 70 Absatz 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kommt es nach § 52 Absatz 50 Satz 1 EStG nicht auf die Entstehung des Kindergeldanspruchs, sondern auf den Zeitpunkt des Antragseingangs („nach dem 18. Juli 2019“) an. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar und verweist auf den insofern eindeutigen Wortlaut der Vorschrift.
Der Gesetzgeber sei zudem nicht verpflichtet gewesen, bei der Einführung des § 70 Absatz 1 Satz 2 EStG aus Vertrauensschutzgründen eine Übergangsregelung für vor dem 18.07.2019 bereits entstandene Kindergeldansprüche zu schaffen.
Zu berücksichtigen sei dabei, dass § 70 Absatz 1 Satz 2 EStG nur die bereits in § 66 Absatz 3 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (StUmgBG) vom 23.06.2017 geregelte Sechsmonatsfrist ablöste, die weitergehend nicht erst die rückwirkende Auszahlung, sondern bereits die rückwirkende Festsetzung des Kindergelds jenseits der Sechsmonatsfrist ausschloss. Diese Regelung sei durch das am 24.06.2017 veröffentlichte Gesetz eingeführt worden, aber gemäß § 52 Absatz 49a EStG in der Fassung des StUmgBG erst auf Anträge anzuwenden gewesen, die nach dem 31.12.2017 eingehen. Somit sei bei Einführung der Ausschlussfrist ein mehr als sechsmonatiger Übergangszeitraum verblieben, um nicht festsetzungsverjährte Ansprüche für vergangene Monate geltend zu machen. Nachdem die Abschaffung des § 66 Absatz 3 EStG und die Einführung des § 70 Absatz 1 Satz 2 EStG nur der Verschiebung der Ausschlussfrist vom Festsetzungsverfahren in das Erhebungsverfahren gedient habe, der Gesetzgeber im Übrigen aber an dieser Ausschlussfrist habe festhalten wollen (BT-Drs. 19/8691, S. 65), seien keine Vertrauensschutzgesichtspunkte ersichtlich, die eine erneute Übergangsfrist erforderlich erscheinen ließen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.04.2024, III R 27/22