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Die Richtlinie über Massenentlassungen gilt auch im Fall des Eintritts des Arbeitgebers in den Ruhestand. Das stellt der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar.

Ein Unternehmer trat in den Ruhestand. Dies führte zur Beendigung der 54 Arbeitsverträge in den acht Betrieben seines Unternehmens. Acht Arbeitnehmer fochten die Entlassung an, die sie für rechtswidrig halten. Ihre Klage wurde abgewiesen. Das mit der Berufung befasste spanische Gericht hat über die Wirksamkeit der Beendigungen der Arbeitsverträge zu befinden.

Das spanische Gesetz sieht für den Fall einer Massenentlassung ein Verfahren zur Konsultation der Arbeitnehmervertreter vor. Dieses Verfahren findet allerdings keine Anwendung, wenn die Beendigungen dadurch verursacht wurden, dass der Arbeitgeber, eine natürliche Person, in den Ruhestand tritt. Das spanische Gericht ist unsicher, ob dieser Ausschluss mit der Unionsrichtlinie über Massenentlassungen (RL 98/59/EG) vereinbar ist. Daher hat es den Gerichtshof zu diesem Punkt befragt.

Dieser weist zunächst auf das Hauptziel der Richtlinie hin. Dieses bestehe darin, dass vor Massenentlassungen Konsultationen mit Arbeitnehmervertretern stattfinden und die zuständige Behörde entsprechend unterrichtet wird. Nach seiner ständigen Rechtsprechung liege eine Massenentlassung im Sinne der Richtlinie vor, wenn Beendigungen von Arbeitsverträgen ohne Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer erfolgen. Daher gelangt der EuGH zu dem Schluss, dass das spanische Gesetz mit der Richtlinie unvereinbar ist.

Diese finde nämlich im Fall des Eintritts des Arbeitgebers in den Ruhestand Anwendung, sofern die vorgesehenen Schwellenwerte für Entlassungen erreicht sind. Der EuGH stellt klar, dass dieser Fall nicht mit dem Fall des Todes des Arbeitgebers – für den er zuvor entschieden hatte, dass die Richtlinie keine Anwendung findet (Urteil vom 10.12.2009, C-323/08) – gleichgesetzt werden kann. Denn ein Arbeitgeber, der in den Ruhestand tritt, sei im Gegensatz zu einem verstorbenen Arbeitgeber grundsätzlich in der Lage, Konsultationen durchzuführen, um unter anderem die Beendigungen zu vermeiden, ihre Zahl zu verringern oder jedenfalls ihre Folgen abzumildern.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 11.07.2024, C-196/23