Im Streit um Schadensersatz- und Rückzahlungsansprüche aus einem Reisevertrag hat das Amtsgericht (AG) München eine Klage auf Zahlung von rund 3.750 abgewiesen. Die Reisenden, die ihre Reise aufgrund einer Magen-Darm-Erkrankung abgebrochen hätten, hätten nicht nachweisen können, dass die Erkrankung auf Hygienemängel im Hotel zurückzuführen war.
Knapp 4.000 Euro hatte ein Familienvater gezahlt, um mit seinen Lieben einen Urlaub in Antalya zu verbringen. Dort angekommen, traten bei den Reisenden nach einigen Tagen Übelkeit und Erbrechen auf. Der Familienvater führte das auf unzureichende Hygiene im Hotel zurück: Schon kurz nach Anreise habe er Erbrochenes im Bereich des Pools festgestellt, das nicht unmittelbar beseitigt worden sei. Das Essen, insbesondere Ei- und Fischgerichte, sei durchgängig gesundheitsbedenklich erschienen, insbesondere nicht vollständig gegart. Auch habe es von außen betrachtet keinen frischen Eindruck gemacht. Im Hotel hätten weitere Gäste an derselben Krankheitssymptomatik gelitten. Die Familie brach wegen ihrer Beschwerden den Urlaub vorzeitig ab.
Sie verlangte Rückzahlung der Hälfte des Reisepreises, Ersatz für vertane Urlaubszeit sowie Ersatz der Behandlungskosten vor Ort und der Kosten für die vorzeitige Rückreise. Die Reiseveranstalterin trat den Forderungen entgegen: Die Reiseleistungen seien nicht mangelhaft, die Zustände nicht unhygienisch und das Essen nicht gesundheitsbedenklich gewesen. Vor Ort habe sich eine Reiseleitung befunden, die für Sprechstunden zur Verfügung gestanden habe. Anlässlich dieser Sprechstunden sei in Rundgängen die Qualität der Leistungen vor Ort geprüft worden – ohne Beanstandungen.
Die Klage der reisenden Familie blieb vor dem AG München vollumfänglich erfolglos. Soweit Schadensersatz begehrt werde, erachtete das Gericht die Klage schon deswegen für unbegründet, weil eine Schadensersatzverpflichtung nur bestehe, wenn belegt sei, dass die behauptete Pflichtverletzung zum eingetretenen Schaden geführt hat. Der zu ersetzende Schaden müsse auf einem Mangel beruhen. Sowohl den Mangel als auch das Beruhen des Schadens auf diesem müsse der Reisende darlegen und beweisen. Ein Verursachungszusammenhang dürfe nicht nur zu vermuten sein. Er müsse sich vielmehr mit Sicherheit und zweifelsfrei ergeben.
Jedenfalls an letzterem scheitere die Klage, weil neben behaupteter Hygienemängel der Einrichtungen und fehlender Unbedenklichkeit des Essens auch andere Ursachen für die Erkrankung in Betracht kämen, so das AG. So scheide eine bakterielle Infektion schon nach Vortrag der erkrankten Familie aus, sodass Salmonellen und damit infektiöses Essen nicht in Betracht kämen. Auch führe die Behauptung allein, dass auch andere Gäste des Hotels an ähnlicher Symptomatik litten, nicht dazu, dass zwingend das Hotel verantwortlich sein müsse.
Allgemeinbekannt beruhe eine Vielzahl von Magen-Darm-Erkrankungen nicht auf kontaminiertem Essen, sondern auf Schmier- oder Tröpfcheninfektionen, bei denen an kleinen, auch aerosolen Partikeln Krankheitserreger anhaften und so die Erkrankung über Kontaktflächen oder schlicht räumliche Nähe zu anderen Gästen und deren Ein und Ausatmen, Husten, Gesprächen oder Lachen übertragen wird. Dies sei auch zwanglos mit einer Vielzahl fast gleichzeitiger Erkrankungen in Einklang zu bringen. Es genüge dann schon ein einzelner, vorerkrankter Gast, um bei einer hochansteckenden Erkrankung wie etwa einem Noro-Virus zu vielfachen Folgeerkrankungen zu führen.
Ein Hotel verspreche aber keine aseptische Umgebung, betonen die Richter. Stattdessen realisiere sich dann ein allgemeines Lebensrisiko im Zusammentreffen mit anderen Menschen. Erst dann, wenn so viele Gäste krank werden, dass eine andere Ursache außerhalb des Verantwortungsbereichs des Hotels vernünftigerweise nicht mehr in Betracht kommt, könnten die Erkrankungen anderer Gäste ausreichend Gewicht für einen Indizienschluss auf einen Verursachungszusammenhang haben. Dies sei hier nicht der Fall, schon weil völlig unbestimmt geblieben sei, wie viele andere Hotelgäste überhaupt erkrankt waren.
Bei fehlender Etablierung eines Verursachungszusammenhangs seien eigene Folgeentscheidungen, wie etwa, die Reise wegen der Schwere der Erkrankungen abzubrechen, nachvollziehbar, aber nicht dem Reiseveranstalter zurechenbar. Für solche allgemeinen Risiken bestehe nur die Möglichkeit, eine Reiseabbruchversicherung abzuschließen.
Soweit die Klage auf Mangelhaftigkeit und deswegen geschuldeter Rückzahlung des Kaufpreises gerichtet ist, sei die Klage auch insoweit unbegründet, fährt das AG München fort. Ohne Kausalität der bemängelten Hygiene für die Erkrankung der Reisenden stelle sich der Vortrag nur noch als Vortrag eines einfachen Reisemangels dar. Für diesen sei aber eine Anzeige erforderlich. Diese müsse dann auch gegenüber der Reiseveranstalterin und damit gegenüber einem für diese vor Ort tätigen Reiseleiter erfolgen. Anzeige allein gegenüber dem Hotel als Leistungserbringer genüge nicht. Die Reiseveranstalterin habe eine solche Anzeige bestritten und die klagende Familie habe sie nicht näher substantiiert.
Amtsgericht München, Urteil vom 02.08.2023, 132 C 230/23, rechtskräftig