Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) hat in einem Organstreitverfahren einen Antrag der AfD-Landtagsfraktion sowie mehrerer ihr bei Verfahrenseinleitung angehörender Abgeordneter abgewiesen, der auf die Feststellung einer Verletzung ihrer Rechte aus dem freien Mandat sowie von sonstigen organschaftlichen Rechten durch vorübergehend geänderte Anordnungen der Präsidentin des Bayerischen Landtags zur Pandemiebewältigung im Maximilianeum im April 2021 gerichtet war.
Aufgrund der Änderungen durch die Allgemeinverfügung vom 14.04.2021 war von den Abgeordneten bei parlamentarischen Sitzungen seit dem 19.04.2021 bis einschließlich 31.05.2021 insbesondere grundsätzlich auch am Platz – nicht aber am Redepult oder bei Wortbeiträgen vom Platz – eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, wobei eine medizinische Gesichtsmaske ausreichte. Abgeordneten, die von der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit waren, wurde der Zutritt zu parlamentarischen Sitzungen nur noch gewährt, wenn sie über ein aktuelles negatives Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 verfügten.
Den bei Einleitung des Verfahrens gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte der BayVerfGH bereits am 06.05.2021 abgewiesen.
Mit der aktuellen Entscheidung hat er den Antrag jetzt in der Hauptsache abgewiesen. Der Antrag sei gegenüber der Landtagspräsidentin nur teilweise zulässig und insoweit unbegründet. Weder durch die Anordnung einer erweiterten Maskenpflicht für Sitzungen im Plenarsaal, in Ausschüssen und anderen parlamentarischen Sitzungen noch durch die Regelung zur Testpflicht für vom Tragen einer Mund-Nasen- Bedeckung befreite Abgeordnete seien die Organrechte der Antragsteller verletzt worden, hält der BayVerfGH fest.
Er hat damit seine grundsätzlichen Maßstäbe zur Beurteilung derartiger Maßnahmen der Landtagspräsidentin aus seiner Entscheidung vom 25.10.2023 (Vf. 70-IVa-20), die Anordnungen zur Pandemiebewältigung im Maximilianeum im Jahr 2020 betraf bestätigt. Unter Anwendung dieser Maßstäbe sei auch bei den im vorliegenden Verfahren streitigen Regelungen der Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des freien Mandats und einer effektiven parlamentarischen Opposition betroffen. Denn die Ausübung dieser verfassungsmäßigen Rechte sei durch die Änderungsverfügung vom 14.04.2021 vorübergehend weitergehenden Beschränkungen unterworfen gewesen als zuvor.
Die Landtagspräsidentin sei aber aufgrund ihres unmittelbar in der Verfassung verankerten Hausrechts, das dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Bayerischen Landtags dient, zu den Maßnahmen berechtigt gewesen. Die konkreten Anordnungen, die zur Verbesserung des Schutzes der Parlamentsangehörigen vor der Gefahr einer Erkrankung an COVID-19 und vor Quarantäneanordnungen getroffen wurden, stellten laut BayVerfGH in Anbetracht der damaligen Pandemie-lage keine unangemessene Erschwernis der parlamentarischen Tätigkeit dar. Die Landtagspräsidentin habe den ihr zukommenden, verfassungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Insbesondere sei die Testobliegenheit so ausgestaltet gewesen, dass die Belastungen für die wenigen davon betroffenen Abgeordneten geringgehalten und zumutbare Ausweichmöglichkeiten geschaffen worden seien.
Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 21.05.2024, Vf. 37-IVa-21