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Wer zu schnell gefahren und dabei erwischt worden ist, hat ein Recht darauf, Einsicht in bei der Bußgeldbehörde vorhandene Daten der Geschwindigkeitsmessung und Unterlagen des Messgeräts, die nicht Teil der Bußgeldakte waren, zu nehmen. Wird ihm das verwehrt, verletzt dies sein Recht auf ein faires Verfahren, wie der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Baden-Württemberg auf die Verfassungsbeschwerden von drei Betroffenen entschieden hat.

Den Beschwerdeführern wird vorgeworfen, als Kraftfahrzeugführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben. Ihnen wurden deshalb zunächst mit Bußgeldbescheid und anschließend mit Urteil des Amtsgerichts Geldbußen auferlegt. Ihre dagegen beim Oberlandesgericht Stuttgart eingelegten Rechtsmittel blieben erfolglos. Während des Bußgeldverfahrens sowie des gerichtlichen Verfahrens begehrten die Beschwerdeführer wiederholt die Übermittlung von bei der Bußgeldbehörde vorhandenen, aber nicht bei der Bußgeldakte befindlichen Messdaten beziehungsweise Wartungs- und Reparaturunterlagen des Messgeräts. Eine Einsicht wurde ihnen nicht oder nur unvollständig gewährt.

Der VerfGH erachtet die Verfassungsbeschwerden, soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens aufgrund der unterbliebenen Einsichtsgewährung in die begehrten Messdaten beziehungsweise Wartungs- und Reparaturunterlagen rügen, für zulässig und begründet.

Aus dem Recht auf ein faires Verfahren folge grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang zu den nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen. Das habe bereits das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Hierbei handele es sich nicht um eine Frage der gerichtlichen Aufklärungspflicht, sondern der Verteidigungsmöglichkeiten des Betroffenen. Der Beschuldigte eines Straf- beziehungsweise der Betroffene eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens habe neben der Möglichkeit, prozessual im Wege von Beweisanträgen oder Beweisermittlungsanträgen auf den Gang der Hauptverhandlung Einfluss zu nehmen, grundsätzlich auch das Recht, Kenntnis von solchen Inhalten zu erlangen, die zum Zweck der Ermittlung entstanden sind, aber nicht zur Akte genommen wurden. Dadurch würden seine Verteidigungsmöglichkeiten erweitert, weil er selbst nach Entlastungsmomenten suchen kann, die zwar fernliegen mögen, aber nicht schlechthin auszuschließen sind. Die möglicherweise außerhalb der Verfahrensakte gefundenen entlastenden Informationen könnten von der Verteidigung zur fundierten Begründung eines Antrags auf Beiziehung vor Gericht dargelegt werden. Der Betroffene könne so das Gericht, das von sich aus diese Informationen nicht beizieht, auf dem Weg des Beweisantrages oder Beweisermittlungsantrages zur Heranziehung veranlassen. Diesen Grundsätzen würden die aufgehobenen Entscheidungen nicht gerecht.

Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteile vom 27.01.2025, 1 VB 173/21, 1 VB 36/22 und 1 VB 11/23