Die Frage, ob die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift für die Zulässigkeit einer Klage vor dem Finanzgericht notwendig ist und welche Ausnahmen zu machen sind, ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt. Dies stellt der BFH klar.
Eine ordnungsgemäße Klageerhebung erfordere nach § 65 Absatz 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) regelmäßig die Bezeichnung des Klägers unter Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift. Bei natürlichen Personen sei dabei im Hinblick auf ihre Erreichbarkeit die Angabe des tatsächlichen Wohnorts erforderlich.
Allerdings dürfe das ungeschriebene Erfordernis der Angabe der ladungsfähigen Anschrift nicht zu einer unzumutbaren Einschränkung des aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes (GG) abgeleiteten Gebots führen, dem Rechtsuchenden den Zugang zu den Gerichten nicht unnötig zu erschweren oder zu versagen. § 65 Absatz 1 Satz 1 FGO sei daher unter Berücksichtigung dieses Grundrechts und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verfassungskonform auszulegen, so der BFH unter Verweis auf seine Beschlüsse vom 18.08.2011 (V B 44/10, Rn. 14) und vom 25.08.2022 (X B 96/21, Rn. 29).
So sei das Fehlen einer ladungsfähigen Anschrift etwa dann unschädlich, wenn der Kläger glaubhaft macht, über eine solche Anschrift nicht zu verfügen. Gleiches gelte, wenn der Kläger sich bei Nennung der Anschrift der konkreten Gefahr einer Verhaftung aufgrund eines Haftbefehls aussetzt. In solchen Ausnahmefällen müssten dem Gericht aber die insoweit maßgebenden Gründe unterbreitet werden. Wird die Angabe dagegen ohne zureichenden Grund verweigert, liege keine ordnungsgemäße Klage vor.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09.04.2024, IX B 42/23