Kleinwindenergieanlagen sind im Außenbereich ein baurechtlich privilegiertes Vorhaben. Das gilt nicht nur dann, wenn der erzeugte Strom eingespeist wird und daher der öffentlichen Energieversorgung dient. Vielmehr besteht die Privilegierung laut Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz auch dann, wenn der Strom für den Eigenverbrauch verwendet wird.
Die Kläger wollten vier Kleinwindenergieanlagen auf ihrem Grundstück im Außenbereich errichten und begehrten dafür einen Bauvorbescheid. Der Landkreis lehnte dies ab. Die Anlagen seien nicht als im Außenbereich privilegierte Vorhaben der Nutzung der Windenergie zu behandeln. Die Privilegierung sei auf solche Windenergieanlagen zu beschränken, die der öffentlichen Versorgung dienten.
Auf die Klage der Grundstückseigentümer verpflichtete das Verwaltungsgericht (VG) den Landkreis zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Die hiergegen gerichtete Berufung des Landkreises hatte keinen Erfolg.
Das VG habe den Beklagten zu Recht zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheids verpflichtet. Bei der Errichtung und dem Betrieb der vier Kleinwindenergieanlagen handele es sich um ein der Nutzung der Windenergie dienendes privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Absatz 1 Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB), das im Außenbereich zugelassen werden könne.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ließen sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 35 Absatz 1 Nr. 5 BauGB herleiten, wonach das Vorhaben nicht nur der Nutzung der Windenergie, sondern – mittels Netzeinspeisung des erzeugten Stroms – auch der öffentlichen Energieversorgung dienen müsse.
Gegen ein solches ungeschriebenes Erfordernis sprächen auch Sinn und Zweck der Norm. Diese diene letztlich einer umwelt- und ressourcenschonenden Energieversorgung mittels einer verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien, wozu Windenergieanlagen auch dann beitrügen, wenn sie allein zur Deckung eines privaten Verbrauchs errichtet würden. Die überragende Bedeutung dieses Ziels habe der Gesetzgeber mehrfach in seiner weiteren Normsetzung herausgestellt.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus einem Urteil des OVG aus dem Jahr 2018, an dem der dort erkennende Senat in Bezug auf den geforderten öffentlichen Versorgungszweck in einer neueren Entscheidung aus dem Jahr 2023 ersichtlich nicht mehr festhalte.
Nicht nachvollziehbar sei die vom Beklagten geltend gemachte Befürchtung, dass bei einer Privilegierung von allein der privaten Versorgung dienenden Kleinwindenergieanlagen ein Wildwuchs derartiger Vorhaben zulasten der Landschaft drohe. Denn die Errichtung einer Kleinwindenergieanlage im Außenbereich komme unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur dann in Betracht, wenn der erzeugte Strom entweder durch einen dort in der Nähe der Anlage vorhandenen Verbraucher abgenommen oder ins Stromnetz eingespeist werde. Dies sei jedoch regelmäßig nicht der Fall, da ein Endabnehmer vor Ort im Außenbereich nur in Ausnahmefällen vorhanden sei und der Bau einer Leitung allein zum Zweck der Einspeisung des mit der Kleinanlage erzeugten Stroms in ein öffentliches Netz unter Rentabilitätsaspekten ausscheide.
Oberverwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 04.04.2024, 1 A 10247/23.OVG