Grundstücke mit zum Stichtag im Bau befindlichen Gebäuden stellen trotz beabsichtigter Vermietung kein Verwaltungsvermögen im Sinne von § 13b Absatz 4 Nr. 1 Satz 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) dar. Das hat das Finanzgericht (FG) Münster in zwei Verfahren klargestellt.
Die Kläger der beiden Verfahren sind Brüder, die von ihrem Vater zum 31.12.2019 die Anteile an einer GmbH & Co. KG jeweils zur Hälfte geschenkt bekommen hatten. Die Gesellschaft war Eigentümerin zweier Grundstücke, auf denen sich im Schenkungszeitpunkt noch nicht fertig gestellte Gebäude befanden. Nach Fertigstellung wurden diese ab 2020 zur Vermietung als Ferienwohnungen genutzt. Dabei wurde eine externe Firma mit der Vermietung und weiteren Leistungen (zum Beispiel Werbung, Abrechnungen, Hausmeistertätigkeiten, Bereitstellung von Bettwäsche und Handtüchern) beauftragt.
Das Finanzamt behandelte die Grundstücke im Zustand der Bebauung für Zwecke der Schenkungsteuer als (zum von der Begünstigung des Betriebsvermögens ausgeschlossenen) Verwaltungsvermögen. Denn die beabsichtigte Nutzung der Gebäude stelle keine originär gewerbliche Vermietung dar.
Mit ihren hiergegen erhobenen Klagen machten die Kläger geltend, dass zum Stichtag noch kein Grundstück vorhanden gewesen sei, das Dritten zur Nutzung überlassen wurde. Zudem sei das Unternehmen originär gewerblich tätig, da das Leistungsbündel einer gewerblichen Vermietung entspreche.
Das FG Münster hat den Klagen vollumfänglich stattgegeben. Denn bei dem zum Vermögen der GmbH & Co. KG gehörenden Grundbesitz habe es sich am maßgeblichen Bewertungsstichtag nicht um Verwaltungsvermögen gehandelt.
Zum Verwaltungsvermögen gehörten unter anderem an Dritte zur Nutzung überlassenen Grundstücke und Grundstücksteile. Am Stichtag habe hinsichtlich der streitbefangenen Grundstücke aber keiner anderen Person ein Recht zum Besitz aufgrund einer mit der GmbH & Co. KG abgeschlossenen Nutzungsvereinbarung zugestanden.
Auf eine beabsichtigte zukünftige Nutzungsüberlassung komme es für diese Beurteilung nicht an. Dies ergebe sich zunächst aus dem Wortlaut des § 13b Absatz 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG, der auf eine tatsächliche Nutzungsüberlassung abstelle. Demgegenüber bezögen andere Regelungen (etwa § 13d Absatz 3 Nr. 1 oder § 13 Absatz 1 Nr. 2 Satz 1 a) ErbStG) auch die beabsichtigte oder zukünftige Vermietung ausdrücklich mit ein.
Ein anderes Verständnis ergibt sich für das FG auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Regelungen. Ziel der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen sei die Verschonung vor der Inanspruchnahme von Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Erhaltung der Unternehmen und der Arbeitsplätze. Hiervon solle die typischerweise risikolose private Vermögensverwaltung, zu der auch die Grundstücksvermietung gehöre, ausgenommen werden. Bei am Stichtag noch ungenutztem Grundbesitz stehe aber nicht zwingend fest, ob die zukünftige Nutzung einer reinen Vermögensverwaltung entsprechen werde oder nicht. Da die Verhältnisse beim Schenker maßgeblich seien, dürfe nicht an zukünftige Verhältnisse beim Beschenkten angeknüpft werden.
Eine zulasten des Steuerpflichtigen wirkende analoge Anwendung der Regelung, die zu einer Erweiterung des abschließenden Katalogs des Verwaltungsvermögens führen würde, wäre unzulässig.
Die vorliegende Wahl des Übertragungsstichtags stelle auch keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 Abgabenordnung dar. Diese stehe in der freien Entscheidung von Schenker und Beschenkten.
Die vom FG zugelassenen Revisionsverfahren sind beim Bundesfinanzhof unter den Aktenzeichen II R 37/24 und II R 38/24 anhängig.
Finanzgericht Münster, Urteile vom 14.11.2024, 3 K 906/23 F und 3 K 908/23 F, nicht rechtskräftig