Das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht gilt nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Personen, die sich mithilfe eines Online-Kurses eine Existenz aufbauen wollen. Dies hat das Landgericht (LG) München I entschieden und die Betreiberin einer Plattform für Online-Coaching zur Rückzahlung von 1.500 Euro an eine Kundin verurteilt.
Die Kundin war zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitigen Vertrages erwerbslos. Sie trug vor, sie sei durch Werbung in sozialen Medien und den mit ihr online verhandelnden Coach, der ihr gegenüber als Finanzexperte auftrat, überrumpelt worden. Mit der Klage verfolgte sie das Ziel, sich vom Vertrag wieder zu lösen.
Die Plattformbetreiberin war dagegen der Auffassung, der Vertrag sei wirksam. Insbesondere seien das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) und die dort geregelten Schutzmechanismen nicht auf den Vertrag anwendbar. Denn die Kundin habe den Vertrag als Existenzgründerin geschlossen und sei daher wie eine Unternehmerin zu behandeln. Außerdem habe sie im Rahmen des Bestellvorgangs aktiv auf ihr Widerrufsrecht verzichtet.
Dem ist das LG nicht gefolgt und hat der Klage weitgehend stattgegeben. Die Kundin sei von der Anbieterin beim Bestellprozess wahrscheinlich schon nicht ausreichend über ihr Widerrufsrecht belehrt worden. Selbst wenn sie beim Vertragsschluss als Existenzgründerin gehandelt habe, sei der Vertrag jedoch bereits nichtig, da das FernUSG zu ihrem Schutz in diesem Fall auf sie anwendbar sei. Die Plattform-Betreiberin habe der Kundin Fernunterricht angeboten, ohne über die hierfür erforderliche Erlaubnis zu verfügen.
Gerade der Schutzzweck des Gesetzes spreche dafür, das Gesetz auch auf Personengruppen anzuwenden, die nicht Verbraucher seien. Geschützt werden solle nämlich allgemein vor Anbietern, die nicht durch eine staatliche Stelle geprüft wurden und deren Qualität der Bildungswillige schon angesichts der räumlichen Distanz schlechter prüfen kann als bei einer Bildungsmaßnahme in Präsenz.
Die Klägerin sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erwerbslos und in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation gewesen. Selbst wenn unterstellt werde, dass sie sich mit der angebotenen Bildungsmaßnahme eine Existenz im Bereich E-Commerce habe aufbauen wollen, sei ihre Schutzbedürftigkeit nicht wesentlich geringer gewesen als die eines Verbrauchers.
Damit hat die Klage der Kundin ganz überwiegend Erfolg. Lediglich hinsichtlich eines von ihr geforderten immateriellen Schadensersatzes für den behaupteten Kontrollverlust über ihre Daten im Rahmen des Bestellvorgangs hat das LG die Klage abgewiesen.
Landgericht München I, Urteil vom 15.01.2025, 44 O 16944/23, nicht rechtskräftig.