Die Familienkasse Zentraler Kindergeld Service in Magdeburg (ZKGS) ist für die Fallgruppe „Kind mit Behinderung“ zuständig. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden. Der dies regelnde Vorstandsbeschluss der Bundesagentur für Arbeit 129/2022 vom 03.11.2022 sei – jedenfalls soweit er ein „Kind mit Behinderung“ betrifft – hinreichend bestimmt und damit wirksam.
Die Klägerin begehrte Kindergeld für ein in ihren Haushalt aufgenommenes volljähriges (Pflege-)Kind mit Behinderung. Die zum damaligen Zeitpunkt zuständige Familienkasse Y lehnte eine Kindergeldfestsetzung ab. Im Verlauf des anschließenden Klageverfahrens teilte die Familienkasse Y mit, dass die Klage aus organisatorischen Gründen an die Familienkasse Zentraler Kindergeldservice zur weiteren Bearbeitung abgegeben werde, und bat um Änderung des gerichtlichen Rubrums. Zur Erläuterung wies die Familienkasse Y auf den Vorstandsbeschluss 129/2022 der Bundesagentur für Arbeit vom 03.11.2022 hin. Im Anhang zum Vorstandsbeschluss heißt es, dass die Familienkasse Zentraler Kindergeldservice für „Personen, deren Daten … besonders schützenswert sind“, zuständig sei; als Beispiel wird unter anderem die Fallgruppe „Kind mit Behinderung“ aufgeführt.
Das FG Münster hat eine Änderung des Rubrums veranlasst und die Familienkasse Zentraler Kindergeldservice als Beklagte angesehen. Zwar sei die Klage zutreffend gegen die Familienkasse Y erhoben worden. Nach Klageerhebung sei jedoch ein auf einem behördlichen Organisationsakt beruhender Zuständigkeitswechsel eingetreten, der zu einem Beteiligtenwechsel geführt habe. Der Vorstandsbeschluss 129/2022 vom 03.11.2022 beruhe auf § 5 Absatz 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 4 des Gesetzes über die Finanzverwaltung. Danach könne der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs abweichend von den Vorschriften der Abgabenordnung über die örtliche Zuständigkeit von Finanzbehörden die Entscheidung über den Anspruch auf Kindergeld für bestimmte Bezirke oder Gruppen von Berechtigten einer anderen Familienkasse übertragen.
Der Vorstandsbeschluss sei auch hinreichend bestimmt und damit wirksam. Denn zum einen regele er selbst den Zeitpunkt seines Inkrafttretens, indem es dort heiße, dass „mit Wirkung zum 1. Dezember 2022 weitere Fallgestaltungen in den Zuständigkeitsbereich des ZKGS übergehen“ sollen. Demgegenüber seien die Ausführungen im Anhang zum Beschluss, wonach der „tatsächliche Vollzug“ zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolge, nicht als Modifikation des Zeitpunktes des Inkrafttretens und damit des Zeitpunktes des gesetzlichen Zuständigkeitswechsels, sondern lediglich als Ausgestaltung der tatsächlichen Umsetzung aufzufassen.
Zum anderen sei der Vorstandsbeschluss – soweit er die Fallgruppe „Kind mit Behinderung“ betreffe – inhaltlich hinreichend bestimmt. Das in seinem Anhang aufgeführte und im Streitfall einschlägige Beispiel „Kind mit Behinderung“ sei sowohl hinsichtlich der für das Gruppenmerkmal zu betrachtenden Person (das Kind und nicht der bzw. die Kindergeldberechtigte) als auch des konkreten Gruppenmerkmals (der Behinderung) klar abgrenzbar. Ob die grundsätzlichen Oberbegriffe im Anhang („Personen“ und „besonders schützenswerte Daten“) zu unbestimmt seien, könne dahinstehen. Denn selbst wenn für eine Überprüfung der „schützenswerten Fälle“ eine abschließende Aufzählung erforderlich sein sollte, führe dies nicht dazu, dass die Personengruppe „Kind mit Behinderung“ trotz eindeutiger Regelung nicht in den Zuständigkeitsbereich der Familienkasse Zentraler Kindergeldservice falle. Es sei nicht davon auszugehen, dass eine derartige geltungserhaltende Reduktion dem Willen des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit widerspreche, so das FG.
Es weicht damit von der Rechtsprechung des 16. Senats des FG Berlin-Brandenburg (Gerichtsbescheid vom 13.12.2023, 16 K 16111/23) ab.
In der Sache hat das FG Münster die Klage mangels Vorliegens eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne des § 32 Absatz 1 Nr. 2 EStG abgewiesen.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 18.04.2024, 8 K 1319/21 Kg