Fährt ein Autofahrer über einen abgesenkten Bordstein auf eine Straße, muss er Vorfahrt gewähren. Die Grundregel „rechts vor links“ gilt nicht. Kommt es zum Unfall, gilt der Einfahrende als Unfallverursacher und muss zahlen. So auch in einem Fall vor dem Landgericht (LG) Lübeck.
Ein Mann befuhr mit seinem Auto eine Straße. Von rechts näherte sich ein zweites Auto. Das von rechts kommende Auto musste noch über einen abgesenktem Bordstein fahren. Es kam zu einem Unfall, bei dem das Auto des Mannes beschädigt wurde. Der Mann verlangte Schadensersatz – schließlich habe er Vorfahrt gehabt. Die Unfallgegnerin wollte nicht zahlen, denn sie selbst habe – von rechts kommend – Vorfahrt gehabt.
Nach der allgemein bekannten Grundregel habe Vorfahrt, wer von rechts kommt (§ 8 Absatz 1 S. 1 Straßenverkehrsordnung – StVO), so das LG. Diese Regelung gelte jedoch nicht bei einem abgesenkten Bordstein. Wer über einen abgesenkten Bordstein auf die Fahrbahn einfahren will, müsse Vorfahrt gewähren (§ 10 S. 1 StVO), auch wenn er von rechts kommt.
Kommt es beim Einfahren über den abgesenkten Bordstein zum Unfall, sei bei lebensnaher Betrachtung nach dem so genannten Beweis des ersten Anscheins von einem Fehlverhalten des Einfahrenden auszugehen. Kann dieser keine besonderen Gründe für den Unfall nennen, hafte er regelmäßig allein.
Das LG hat daher entschieden, dass die Unfallgegnerin beziehungsweise deren Haftpflichtversicherung den Schaden ersetzen muss. Der Mann habe Vorfahrt gehabt. Die Unfallgegnerin sei über einen abgesenkten Bordstein gefahren und hätte warten müssen. Der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, dass sie den Unfall verursacht habe. Der Vorfahrtsverstoß sei schwerwiegend, deshalb hafte sie für den Unfall allein.
Landgericht Lübeck, Urteil vom 26.01.2024, 17 O 158/22, rechtskräftig