Die Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen erlaubt es dem Schutzberechtigten nicht, einem Dritten den Vertrieb einer Software zu untersagen, die nur den Inhalt von vorübergehend im Arbeitsspeicher einer Spielkonsole angelegten Variablen verändert. Das geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hervor.
Sony vertreibt PlayStation-Videospielkonsolen und Spiele für diese Konsolen. Bis 2014 bot Sony die Konsole PlayStationPortable und das Spiel „MotorStorm: Arctic Edge“ zum Kauf an. Sony verklagte vor deutschen Gerichten das Unternehmen Datel, das Software und ein Gerät anbietet, die mit dieser PlayStation kompatibel sind und dem Benutzer in einer bestimmten Phase des Spiels von Sony nicht vorgesehene Spieloptionen bieten.
Die Firma Sony meint, dass die ihrem Spiel zugrunde liegende Software mit diesen Produkten von Datel umgearbeitet und so ihr ausschließliches Recht verletzt werde, derartige Umarbeitungen zu gestatten. Sie beantragte daher bei den deutschen Gerichten, Datel den Vertrieb der fraglichen Produkte zu untersagen und zu Schadensersatz zu verurteilen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den EuGH um Auslegung der Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (RL 2009/24/EG) ersucht. Der BGH weist darauf hin, dass die Software von Datel vom Benutzer auf der PlayStation installiert werde und gleichzeitig mit der Spielsoftware ablaufe. Sie verändere oder vervielfältige weder den Objekt- noch den Quellcode noch die innere Struktur und Organisation der Software von Sony. Sie beschränke sich darauf, den Inhalt von Variablen, die die Computerspiele von Sony vorübergehend im Arbeitsspeicher der Konsole angelegt hätten und während des Ablaufs des Spiels verwendeten, zu verändern. Das Spiel laufe so auf Basis dieses veränderten Inhalts der Variablen ab.
Der EuGH ist der Auffassung, dass der durch die Richtlinie spezifisch gewährte Schutz nicht den Inhalt von variablen Daten erfasst, die ein Computerprogramm im Arbeitsspeicher eines Computers angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet, soweit dieser Inhalt nicht die Vervielfältigung oder spätere Entstehung eines solchen Programms ermöglicht. Die Richtlinie schütze nämlich nur die geistige Schöpfung, wie sie sich im Text des Quellcodes und des Objektcodes des Computerprogramms widerspiegelt. Hingegen schütze sie nicht die Funktionalitäten des Programms und auch nicht die Elemente, mittels deren die Benutzer solche Funktionalitäten nutzen, wenn diese keine Vervielfältigung oder spätere Entstehung dieses Programms ermöglichen.
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 17.10.2024, C-159/23