Eine Richterin wird in einem Buch mit dem Titel „Rechte Richter“ namentlich genannt. Sie befürchtet, dadurch in ihrem beruflichen Fortkommen beeinträchtigt zu werden. Sie klagt gegen den Vertrieb des Buches, sofern darin ihr voller Name genannt wird. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main weist die Klage ab.
Die Informations- und Kontrollfunktion der Presse begründe ein öffentliches Informationsinteresse an der namentlichen Nennung von Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichtsverfahren mitwirken. Ob der (vollständig) Name genannt wird, könnten Medienvertreter allein nach publizistischen Interessen entscheiden.
Hier werde im Zusammenhang mit der Darstellung eines Strafverfahrens, das die Richterin als Vorsitzende der Strafkammer geleitet hatte, unter Nennung ihres vollständigen Namens eine Äußerung aus der mündlichen Urteilsbegründung wiedergegeben. Dabei werde auch ihre Verfahrensführung kritisiert. Das sei zwar geeignet, so das OLG, sie in ihrem beruflichen und persönlichen Ansehen zu beeinträchtigen. Dem stehe jedoch das überwiegende Interesse des Verlags an der Wahrnehmung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit gegenüber.
Grundsätzlich bestehe wegen der Informations- und Kontrollfunktion der Presse ein öffentliches Informationsinteresse an der namentlichen Nennung von Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichtsverfahren mitwirken. Die Informationsfunktion der Presse erschöpft sich laut OLG nicht in der Berichterstattung zu sachlichen Verfahrensinhalten.
Der mit Verfassungsrang versehene Öffentlichkeitsgrundsatz von Gerichtsverhandlungen beinhalte die Möglichkeit des (presse)öffentlichen Bekanntwerdens der Namen der mitwirkenden Personen. Dies sei von der Verfassung nicht bloß „hingenommen“ worden, sondern „entspreche der normativen Stoßrichtung“, betont das OLG. „Die Öffentlichkeit der Verhandlung solle unter anderem auch die Möglichkeit eröffnen, personelle Zurechnungszusammenhänge deutlich zu machen und so persönliche Verantwortlichkeiten zu markieren“.
Für die Namensnennung einer in amtlicher Funktion an einem in der Öffentlichkeit stehenden Strafverfahren mitwirkenden Person hält das Gericht auch kein zusätzliches „wissenswertes Interesse“ für erforderlich. Es komme auch nicht darauf an, ob ein irgendwie geartetes „Bedürfnis“ der Presse an der Namensnennung vorliege. Die Presse dürfe allein nach publizistischen Kriterien entscheiden, „was sie des öffentlichen Interesses für werthält und was nicht“. Dieser Grundsatz gelte nicht nur für tagesaktuelle Presse, sondern auch für Bücher.
Ein Vorrang des Persönlichkeitsinteresses sei allerdings anzunehmen, wenn die an der Rechtspflege mitwirkenden Personen erhebliche Belästigungen oder eine Gefährdung zu befürchten hätten. Das schloss das OLG hier aber aus. Die Namensnennung sei nicht mit der Darstellung unwahrer oder entstellter Tatsachen über die Richterin verbunden. Es werde nicht der Eindruck erweckt, dass es sich bei ihr um eine Person mit rechtsextremistischen Einstellungen handele. Die von der Richterin befürchtete Gefährdung ihres beruflichen Fortkommens und erhöhte Gefahr verstärkt eingereichter Befangenheitsanträge führten zu keinem anderen Abwägungsergebnis. „Eine über das Bekanntwerden ihrer Mitwirkung an dem Strafverfahren und ihre Einschätzung der Beweislage hinausgehende `Prangerwirkung` vermag der Senat nicht zu erkennen“, betonte das OLG.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Richterin die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehren.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.05.2025, 16 U 11/23, nicht rechtskräftig