Für eine steuerliche Risikoausgleichsrücklage haben sich Verbände der Landwirtschaft bei einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses ausgesprochen.
Insbesondere Landwirte in Ostdeutschland würden davon stärker profitieren als von der von der Bundesregierung geplanten Tarifglättung in der Einkommensteuer, machte Klaus Wagner deutlich, Präsident des Thüringer Bauernverbands. „Wir nehmen die Tarifglättung gern mit, aber für 80 Prozent der Landwirte in Ostdeutschland ist das eine Enttäuschung“, sagte Wagner, der auf Einladung der CDU/CSU-Fraktion geladen war.
Die Tarifglättung soll Landwirte entlasten. Die Ampel-Koalition will mit ihrem Gesetzentwurf (BT-Drs. 20/11947) die steuerliche Progressionswirkung abmildern, indem die Steuer auf einen Betrag gesenkt wird, der sich ergäbe, wenn über drei Jahre hinweg gleichmäßige Einkünfte erwirtschaftet worden wären.
„Von Gewinnglättung haben immer die Betriebe Vorteile, die schwankende Einkommen unterhalb des Spitzensteuersatzes haben“, erklärte Martin Schulz, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft, der auf Vorschlag der FDP-Fraktion geladen war. Insbesondere Viehhalter zählten dazu, da die Preise für Fleisch und Milch von Jahr zu Jahr stark schwankten.
Dass die Maßnahme indes nur ein „kleiner Tropfen“ sei, um Belastungen der Landwirte an anderen Stellen auszugleichen, machte der ebenfalls auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion geladene Präsident des Deutschen Weinbauernverbandes, Klaus Schneider, deutlich. „Eine Risikoausgleichsprämie würden wir wesentlich lieber sehen“, sagte Schneider und ergänzte: „Uns wurde durch die Maßnahmen der Bundesregierung mehr genommen als wir jetzt bekommen.“
In der Anhörung wurden als Belastung für die Landwirte die gekürzten Subventionen für Agrardiesel thematisiert. Hierzu sagte der auf Vorschlag der SPD-Fraktion geladene Einzelsachverständige Alfons Balmann, Professor am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, dass bisher von der Beihilfe zu zwei Drittel überdurchschnittlich große Betriebe begünstigt gewesen seien. Da diese bereits sehr hohe Grenzsteuersätze hätten, würden sie von der Entlastung durch die Tarifanpassung nicht profitieren.
Balmann verwies auf „viele steuerliche Sonderregelungen“ für Landwirte. „Das ist eine Vielzahl von Steuergeschenken, die im Einzelnen schwer zu begründen sind“, erklärte der Agrarökonom. Eine Risikoausgleichsrücklage könne „ein gewisses Potenzial“ haben, entscheidend sei aber die konkrete Ausgestaltung.
Dies sagte auch Rüdiger Schmittberg, Vorstand des Bundes Deutscher Finanzrichterinnen und Finanzrichter und Vizepräsident des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg, der auf Vorschlag der SPD-Fraktion geladen war. Insbesondere stelle sich die Frage nach Wechselwirkungen. Als Beispiele nannte er Veräußerungs- und Aufgabengewinne sowie die Möglichkeit von Verlustvor- und nachträgen. „So eine Beratung zur Rücklage dürfte nicht ganz einfach sein“, sagte Schmittberg.
Steffen Wiegand, Geschäftsführer des Hauptverbandes der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen, den die Unionsfraktion als Sachverständigen vorgeschlagen hatte, lobte die Idee einer Risikoausgleichsrücklage und verwies auf die Forstwirtschaft. Dort gebe es bereits die Möglichkeit, dass Forstwirte umsatzbasiert eine solche Rücklage bilden könnten.
Deutscher Bundestag, PM vom 01.07.2024