Eine Ehe, die in Afghanistan geschlossen wird, während einer der zu Vermählenden in Deutschland verweilt, kann in Deutschland wirksam sein. Voraussetzung ist, dass die Stellvertretung nicht auch den Willen zur Eheschließung betraf. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden.
Zwei afghanische Staatsangehörige hatten in Afghanistan geheiratet. Allerdings befand sich im Zeitpunkt der Eheschließung nur die Braut in ihrer Heimat, während der Bräutigam schon seit mehreren Jahren in Deutschland lebte. Zwei Jahre vor der Hochzeit hatten sich die beiden verlobt und seither regelmäßig miteinander telefoniert. Wenige Monate nach der Hochzeit flüchtete die Gattin in die Bundesrepublik. Dort traf sie erstmals auf ihren Mann. Etwa drei Monate lebten die beiden zusammen – dann nicht mehr.
Der Mann begehrte die Aufhebung der Ehe, hilfsweise die Scheidung. Er behauptet, seine Frau habe ihn nur geheiratet, damit sie ein Visum für die Einreise nach Deutschland erhält. Das Amtsgericht hat die Ehe geschieden, aufheben wollte es sie nicht. Deswegen rief der Mann das OLG an – hatte aber auch hier keinen Erfolg.
Es gebe keinen Grund dafür, die Ehe aufzuheben, so das OLG. Der Anerkennung der in Afghanistan unstreitig als „Handschuhehe“ geschlossenen Ehe im Inland stehe der deutsche ordre public nicht entgegen. Da keiner der Beteiligten geltend mache, dass die Eheschließung nicht dem Willen der Eheleute entsprochen habe, fehle es an Anhaltspunkten, der Stellvertreterehe aus diesem Grund die Wirksamkeit zu versagen.
Es liege auch kein Aufhebungsgrund nach afghanischem Recht vor, so das OLG weiter. Ein solcher könne gegeben sein, wenn eine Bedingung nicht erfüllt worden wäre. Dass das spätere Zusammenleben in Deutschland eine derartige Bedingung gewesen sei, ergebe sich aus dem Vortrag des Mannes nicht. Über die konkrete Ausgestaltung der Ehe seien unstreitig keine Gespräche geführt worden. Der Mann habe zudem ausreichende Erkenntnisquellen gehabt, um eine etwaig andere Motivation seiner Braut in Erfahrung zu bringen. Zudem sei es gut möglich, dass sich der Wunsch der Frau, allein zu leben, erst im Lauf der allein bewältigten Flucht nach Deutschland gebildet habe.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.04.2024, 6 UF 204/23, unanfechtbar