Die Nutzung von Abbildungen einer Fototapete im Internet verletzt die nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte an den auf der Tapete abgedruckten Fotografien nicht. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in drei Revisionsverfahren entschieden.
Geklagt hatte ein von einem Berufsfotografen gegründetes Unternehmen, das von dem Fotografen angefertigte Lichtbilder als Fototapeten vermarktet.
Die Beklagte im Verfahren I ZR 139/23 erwarb über eine Internetseite eine Fototapete, auf der eine Fotografie abgedruckt ist, an der die Klägerin Rechte beansprucht. Die Beklagte ließ die Tapete an einer Wand in ihrem Haus anbringen. Die Tapete war in mehreren Videobeiträgen auf ihrem Facebook-Auftritt im Hintergrund zu sehen.
Die Beklagte im Verfahren I ZR 140/23 betreibt eine Web- und Medienagentur. Sie stellte ein Bildschirmfoto der von ihr gestalteten Internetseite eines Tenniscenters auf ihrer eigenen Internetseite ein. Auf dem Bildschirmfoto ist der Gastraum des Tenniscenters mit einer Fototapete zu sehen, an deren Bildmotiv die Klägerin die Urheberrechte beansprucht.
Der Beklagte im Verfahren I ZR 141/23 verwendete eine Fototapete mit einem Bildmotiv, an dem die Klägerin Rechte beansprucht, als Wandtapete in einem Zimmer des von ihm betriebenen Hotels. Die Wandtapete ist auf einem Foto erkennbar, mit dem der Beklagte seine Dienstleistungen im Internet bewarb.
Die Klägerin meint, die Abbildungen der Fototapeten auf Fotos und Videos im Internet verletze die ihr vom Fotografen eingeräumten Nutzungsrechte an den auf den Tapeten abgedruckten Fotografien. Sie hat die Beklagten in allen Verfahren unter anderem auf Schadensersatz sowie im Verfahren I ZR 141/23 zusätzlich auf Auskunft über den Umfang der Verwendung der Fotografie in Anspruch genommen.
Die Klagen blieben in allen Instanzen erfolglos.
Die auf §§ 97 Absatz 1 und 2, 97a Absatz 3 Urheberrechtsgesetz (UrhG) sowie § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gestützten Ansprüche auf Schadensersatz, Erstattung der Abmahnkosten und Auskunftserteilung hält der BGH für unbegründet, weil der durch die Beklagten jeweils vorgenommene Eingriff in das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung aufgrund einer konkludenten Einwilligung des Urhebers gerechtfertigt gewesen sei.
Ob ein Verhalten des Berechtigten als schlichte Einwilligung in den Eingriff in ein durch das UrhG geschütztes Recht anzusehen ist, hänge vom objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers ab. Dabei sei maßgeblich, ob es um nach den Umständen übliche Nutzungshandlungen geht, mit denen der Berechtigte rechnen muss, wenn er sein Werk Nutzern ohne Einschränkungen frei zugänglich macht.
Das Berufungsgericht sei in allen Verfahren in rechtsfehlerfreier tatgerichtlicher Würdigung und im Einklang mit der Lebenserfahrung davon ausgegangen, dass die Vervielfältigung durch Anfertigung von Fotografien und Videoaufnahmen in mit Fototapeten dekorierten Räumen sowie das Einstellen dieser Fotografien und Videos im Internet – sowohl zu privaten als auch zu gewerblichen Zwecken – üblich ist und damit im für den Urheber vorhersehbaren Rahmen der vertragsgemäßen Verwendung der Fototapeten lag. Dem Urheber stehe es frei, im Rahmen des Vertriebs vertraglich Einschränkungen der Nutzung zu vereinbaren und auf solche Einschränkungen – etwa durch das Anbringen einer Urheberbezeichnung oder eines Rechtsvorbehalts – auch für Dritte erkennbar hinzuweisen. Daran habe es in den Streitfällen gefehlt.
Das Berufungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass sich auch die im Verfahren I ZR 140/23 in Anspruch genommene Web- und Medienagentur auf eine wirksame konkludente Einwilligung berufen konnte. Die Wirksamkeit einer Einwilligung setze nicht voraus, so der BGH, dass sie gegenüber demjenigen erklärt wird, der in Urheberrechte eingreift. Ausreichend sei ein Verhalten des Berechtigten, dem aus der Sicht eines objektiven Dritten die Bedeutung zukommt, dass der Berechtigte den Eingriff in seinen Rechtskreis gestattet. Nicht nur die Käufer von ohne Einschränkungen veräußerten Fototapeten, die ihre Räumlichkeiten damit dekorieren, Fotografien und Videoaufnahmen dieser Räume fertigen und diese im Internet einstellen, könnten sich auf eine konkludente Einwilligung des Urhebers in die dabei erfolgende Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung der für die Fototapete verwendeten Fotografie berufen. Vielmehr könnten sich auch Dritte auf eine konkludente Einwilligung des Fotografen stützen, wenn ihre Nutzungshandlungen aus objektiver Sicht als üblich anzusehen sind.
Der BGH hat außerdem die in allen Verfahren getroffene Annahme des Berufungsgerichts gebilligt, dass keine Ansprüche wegen Verletzung des Urheberbenennungsrechts gemäß § 13 Satz 2 UrhG bestehen. Denn der Urheber habe im Rahmen des Vertriebs der Fototapeten auf dieses Recht durch schlüssiges Verhalten verzichtet.
Bundesgerichtshof, Urteile vom 11.09.2024, I ZR 139/23, I ZR 140/23 und I ZR 141/23