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Die Wertgrenze für geringwertige Kleinigkeiten bei der Publikumswerbung mit Werbegaben für Medizinprodukte ist bei einem Euro zu ziehen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) auf eine Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs entschieden.

Die Beklagte vertreibt in ihren Filialen in Deutschland Hörgeräte vieler Hersteller und sonstige Produkte für Hörbeeinträchtigte. Sie warb auf ihrer Internetseite mit der Gutschrift von PAYBACK-Punkten bei jedem Einkauf und der Umwandlung dieser Punkte in Sachprämien, Gutscheine, Spenden oder Prämienmeilen. Pro Euro Umsatz wird ein PAYBACK-Punkt im Wert von einem Cent gutgeschrieben.

Die Klägerin sah einen Verstoß gegen das Verbot von Werbegaben gemäß § 7 Absatz 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte auf den Hilfsantrag der Klägerin zur Unterlassung verurteilt, soweit die Gutschrift von PAYBACK-Punkten mit einem Gesamtwert von mehr als fünf Euro je Einkauf eines Produkts beworben beziehungsweise veranlasst wird. Hinsichtlich des Hauptantrags, der auf das Verbot einer Gutschrift von PAYBACK-Punkten im Wert von mehr als einem Euro zielt, hat es die Berufung zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Beide Parteien haben Revision eingelegt, allerdings hatte nur die der Klägerin Erfolg. Der BGH hob das Berufungsurteil auf, soweit es zum Nachteil der Klägerin ausgefallen war, und verurteilte die Beklagte nach dem Hauptantrag zur Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten.

Das Berufungsgericht habe die Werbung mit der Gutschrift von PAYBACK-Punkten für jeden Einkauf bei der Beklagten zu Recht als produktbezogen und damit vom Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes erfasst angesehen. Auch eine Werbung für das gesamte Warensortiment könne produktbezogen sein. Es genüge zudem, dass die Werbung auch auf den Absatz von Medizinprodukten gerichtet ist.

Bei der Werbung für Heilmittel sei das Anbieten, Ankündigen und Gewähren von Werbegaben nach § 7 Absatz 1 Satz 1 HWG verboten. Für die beanstandete Werbemaßnahme gilt laut BGH keine Ausnahme.

Bei der Gutschrift von PAYBACK-Punkten handele es sich nicht um eine Werbegabe, die im Sinn des § 7 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2 Teilsatz 1 Buchst. a HWG in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag gewährt wird. Dieser Ausnahmetatbestand erfasse allein unmittelbar wirkende Preisnachlässe und Zahlungen, nicht aber Werbegaben, die – wie die mit der angegriffenen Werbung beworbene Gutschrift von PAYPACK-Punkten – erst im Rahmen von Folgetransaktionen realisiert werden können. Derlei Werbegaben begründeten im Gegensatz zu zulässigen Barrabatten die Gefahr einer unsachlichen Motivation des Erstkaufs von Heilmitteln, weil nicht mit einer Preisreduktion für das gewünschte Heilmittel, sondern mit einem Vorteil beim Erwerb anderer Waren geworben wird, der in keinerlei Zusammenhang mit dem Erwerb des Heilmittels steht.

Solche Werbegaben sind dem BGH zufolge daher nur als geringwertige Kleinigkeiten im Sinn der Ausnahmeregelung des § 7 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 Halbsatz 1 Fall 2 HWG zulässig, deren Voraussetzungen hier jedoch nicht vorlägen. Unter den Begriff der geringwertigen Kleinigkeit fielen allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint. Bei der Beurteilung, ob eine geringwertige Kleinigkeit vorliegt, sei nicht auf den einzelnen PAYBACK-Punkt, sondern auf die Summe der für den Kauf jedes einzelnen Medizinprodukts gewährten PAYBACK-Punkte abzustellen.

Unter Berücksichtigung der leichteren Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten bei einer Publikumswerbung im Vergleich zur Fachkreiswerbung sowie des Umstands, dass die unterschiedliche Ausgestaltung von Werbegaben den Preisvergleich bei nicht preisgebundenen Arzneimitteln und Medizinprodukten für die Verbraucher erschwert, sei die insoweit maßgebliche Wertgrenze entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht erst bei fünf, sondern bereits bei einem Euro zu ziehen.

Die Werbung für Hörgeräte mit einer Gutschrift von PAYBACK-Punkten im Gesamtwert von mehr als einem Euro je Einkauf eines Produkts sei deshalb unzulässig, fasst der BGH zusammen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.07.2025, I ZR 43/24