Das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein hat in einem Kindergeldstreit entschieden, dass der Wohnsitz nach § 8 Abgabenordnung (AO) nicht bereits deshalb aufgegeben wird, weil die Mutter der Kinder mit diesen eine Rundreise durch Europa vornimmt. Das gelte auch dann, wenn diese zwölf Monate andauere.
Eine zeitliche Grenze im Sinne eines „Maximalaufenthalts“ wollte das FG nicht abstrakt festlegen. Die Dauer des Aufenthaltes allein reiche für die Bewertung, ob ein Wohnsitz aufgegeben oder beibehalten wird, nicht aus. Insbesondere das Alter des Kindes und der Zweck des Auslandsaufenthalts seien mit zu berücksichtigen.
Im zugrunde liegenden Fall ging es um die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von Kindergeld für seine beiden Kinder, geboren 2015 und 2019, ab November 2021 hat.
Die mit dem Kläger verheiratete Mutter der Kinder unternahm von Ende Oktober 2021 bis Ende November 2022 mit den beiden Söhnen gemeinsame Auslandsreisen innerhalb der EU. Hierüber wurde die Beklagte informiert. Diese nahm die Auslandsreise zum Anlass, die Kindergeldfestsetzungen ab dem Monat November 2021 aufzuheben. Sie begründete das ausschließlich damit, dass die Kinder des Klägers nicht in seinem Haushalt leben würden.
Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG stellte nach umfassender Würdigung der konkreten Umstände des Streitfalls fest, dass neben dem Kläger auch seine Ehefrau und die beiden Söhne im Streitzeitraum einen Wohnsitz in Deutschland hatten, und zwar am Familienwohnsitz. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht entscheidend sei es, wenn die Wohnung vorübergehend nicht benutzt wird, da das Innehaben eines Wohnsitzes im Sinne des § 8 AO auch bei Auslandsaufenthalten von etlichen Jahren nicht infrage gestellt werde.
Mit der zwölfmonatigen Rundreise sei der Wohnsitz nicht aufgegeben worden. Der Kläger sei in Deutschland verblieben und habe die (Familien-)Wohnung weiter bewohnt und genutzt. Die Ehefrau des Klägers und die beiden Söhne hätten durch die Rundreise durch Europa den Wohnsitz nicht aufgegeben. Vielmehr sei lediglich eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort während des Aufenthaltes innerhalb verschiedener Orte in Europa erfolgt. Es sei von Anfang an nur eine Rundreise durch europäische Länder geplant gewesen, die spätestens dann enden sollte, wenn die Schulpflicht des älteren Sohnes begründet wird. Diese von vornherein befristete Abwesenheit während der Zeit, in der die Söhne noch nicht schulpflichtig waren, stehe der Beibehaltung des Wohnsitzes nicht entgegen. Da der Kläger in Deutschland in der Familienwohnung verblieben ist, habe die Wohnung auch der Ehefrau und den Söhnen jederzeit zur Verfügung gestanden, so das FG.
Auch hätten die Söhne des Klägers, die im Streitzeitraum fünf und zwei Jahre alt waren, vor ihrer Rundreise durch Europa einen Wohnsitz in der elterlichen Wohnung im Inland gehabt. Diesen hätten sie durch den Aufenthalt in verschiedenen europäischen Ländern nicht aufgegeben. Aufgrund ihres Alters sei keine Trennung aus der elterlichen Obhut erfolgt. Die Rundreise sei von Anfang an befristet gewesen, der gemeinsame Wohnsitz in Deutschland nicht aufgegeben worden.
Die Kinder gehörten nach Ansicht des Gerichts im Streitzeitraum auch weiterhin zum Haushalt des Klägers. Der Kläger und seine Ehefrau hätten ununterbrochen einen gemeinsamen Haushalt geführt. Daran ändere auch die vorübergehende Ortsabwesenheit der Ehefrau nichts. Der Kläger sei seinen beruflichen Verpflichtungen in Deutschland weiter nachgekommen, während seine Ehefrau ihre freiberufliche Tätigkeit coronabedingt aufgegeben und mit den Kindern die Rundreise durch Europa gemacht hat. Die Ehefrau habe auch im Ausland nicht gearbeitet. Das Familieneinkommen sei durch den Kläger erwirtschaftet worden. Die beiden Söhne seien also weiterhin durch beide Eltern versorgt und betreut worden. Die genaue Aufgabenverteilung unter den Eltern sei für den Kindergeldanspruch unerheblich.
Das FG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 25.10.2023, 5 K 7/23, rechtskräftig