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Hat der Kläger die falsche Adresse des Beklagten auf der Klageschrift angegeben und wirft der Zusteller die Klage deshalb bei einem unbeteiligten Dritten ein, anstatt sie als unzustellbar an das Gericht zurückzusenden, wird die Verzögerung aufgrund des Verschuldens des Zustellers dem Gericht zugerechnet. Das hat laut Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und somit die Verjährung einer Klageforderung verneint. Die Zustellung sei immer noch „demnächst“ im Sinne des § 167 Zivilprozessordnung (ZPO) erfolgt.

Kurz vor Ende der regelmäßigen Verjährungsfrist erhob eine auf Malerfirma eine Klage in Höhe von fast 200.000 Euro bei einem ehemaligen Auftraggeber. Nachdem die Klägerin den Kostenvorschuss gezahlt hatte, sollte die Klage dem Beklagten zugestellt werden. Dabei hatte die Klägerin jedoch eine alte Adresse des Beklagten angegeben. Der Zusteller bemerkte diesen Fehler nicht und warf den Brief an der angegebenen falschen Adresse ein, anstatt ihn als unzustellbar an das Gericht zurückzugeben. Es dauerte eine Weile, bis der Fehler erkannt wurde. Letztlich konnte die Klage erst 20 Tage nach dem ersten Zustellversuch an die korrekte Adresse des Beklagten zugestellt werden.

Laut BRAK stellte sich die Frage, ob die Forderung inzwischen verjährt war. Gemäß § 167 ZPO trete die Hemmung der Verjährung nach § 204 Absatz 1 Nr. 1 ZPO nur dann mit Eingang der Klage bei Gericht ein, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Dabei gehe die ständige Rechtsprechung von einer Grenze von 14 Tagen für Verzögerungen aus – hier aber sei die Zustellung ganze 20 Tage später erfolgt.

Das Kammergericht (KG) habe die Klage daher wegen Verjährung abgewiesen: Der Grund für diese Verzögerung liege allein darin, dass die Klägerin die falsche Adresse angegeben habe. Sie könne sich also nicht entlasten, die tatsächliche Zustellung sei zu spät für eine Hemmung erfolgt und die Forderung verjährt.

Das habe der BGH nun aber anders gesehen: Es gehe nur der Zeitraum für die Verzögerung auf das Konto des Klägers, der auf dessen Nachlässigkeit zurückzuführen sei. Wenn aber das Gericht Fehler gemacht habe, sei die darauf basierende Zeitspanne gerade nicht dem Kläger zuzurechnen. Hier habe der Zusteller einen Fehler gemacht, indem er die Klage in den Briefkasten eines Dritten eingelegt habe, anstatt sie an das Gericht zurückzusenden. Dabei handele es sich um eine Verzögerung im Geschäftsablauf des Gerichts, die gerade nicht dem Kläger zugerechnet werden könne. Infolge der falschen Adressangabe des Klägers sei die Zustellung daher nur um zwölf Tage verzögert worden und halte sich damit noch innerhalb des Rahmens von 14 Tagen, der noch als „demnächst“ gilt. Die Forderung sei also nicht verjährt.

Laut BRAK muss nun das KG erneut über den Fall entscheiden.

Bundesrechtsanwaltskammer, PM vom 18.11.2024 zu Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2024, VII ZR 240/23