Der Rat der EU hat sich über das lange verhandelte Gesetzespaket zur Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter geeinigt. Durch die Einigung können die ausgehandelten Fristen zur Einführung der rechtlichen Neuerungen gehalten werden. Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) begrüßt die damit erzielte Rechtssicherheit.
Das dreiteilige Gesetzespaket legt laut DStV einmal die digitalen Meldepflichten für grenzüberschreitende Transaktionen bei der E-Rechnung bis zum Jahr 2030 fest. Zudem würden Online-Plattformen für Kurzzeitvermietungen und Fahrgasttransporte in der Regel deren Mehrwertsteuer abführen. Allerdings habe Estland hier einige Ausnahmen im Gesetzestext durchsetzen können. Schließlich werde die zentrale Anlaufstelle, der One-Stop-Shop für grenzüberschreitende Mehrwertsteuermeldungen, erweitert.
Insbesondere stelle der grenzüberschreitende Austausch von Meldedaten innergemeinschaftlicher Lieferungen und Leistungen im Zuge der Einführung der E-Rechnungssysteme in Europa einen „Meilenstein des EU-Binnenmarktes“ dar, meint der DStV. Vorteil für die Finanzverwaltungen sei, dass der Mehrwertsteuerbetrug über ein gemeinsames IT-System künftig besser enttarnt werden könne.
Aber auch die Unternehmen, die ihre E-Rechnungen für grenzüberschreitende B2B-Transaktionen einreichen und zugleich die Meldung für die Finanzbehörden abgeben können, profitierten. Denn ab dem 01.07.2030 würden die jetzigen zusammenfassenden Meldungen (ZM) durch die gemeinsamen digitalen Meldepflichten (digital reporting requirements; kurz: DRR) ersetzt.
Künftig müssten E-Rechnungen für grenzüberschreitende Transaktionen innerhalb von zehn Tagen nach Erfüllung des Steuertatbestands ausgestellt werden. Die Meldefrist zwischen Rechnungsstellung und Ausstellung der elektronischen Rechnung wurde laut DStV von zwei auf fünf Tage verlängert. „Echtzeit“ oder „quasi Echtzeit“ könne ein solcher Zeitverzug im digitalen Zeitalter sicher nicht mehr genannt werden, merkt der Steuerberaterverband an. Gerade bei der Einführung dürfte manches Kleinunternehmen aber von den großzügigen Fristen profitieren. Auf lange Sicht dürften die Fristen im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung dennoch weiter verkürzt werden.
Auch die Ausstellung von Sammelrechnungen werde weiterhin möglich sein, soweit diese bis zum 10. eines Folgemonats ausgestellt werden. Im Gesetzentwurf der EU-Kommission sei dies ursprünglich nicht mehr vorgesehen gewesen. Zusätzlich zu den in den ZM geforderten Informationen würden künftig außerdem weitere Daten erhoben, darunter die Bankverbindungen. Damit wollten die Finanzbehörden die Zahlungen einfacher nachverfolgen. Dies bezeichnete der DStV als Wermutstropfen. Er hatte sich im Gesetzgebungsverfahren für mehr Datensparsamkeit eingesetzt.
Die EU-Kommission selbst werde künftig als Betreiberin der Datenbank VIES zur Hüterin der grenzüberschreitend übertragenen Meldedaten. Der Steuerberaterverband meint, dies sei „eine große datenschutzrechtliche Verantwortung für die Behörde“. Aus Sicherheitsgründen wäre eine dezentrale Datenhaltung in den Mitgliedstaaten hier womöglich die bessere Alternative gewesen.
Zur Plattformökonomie führt der DStV aus, dass Anbieter von kurzfristigen Unterkünften und Personenbeförderungen häufig keine Mehrwertsteuer abführten. Dies führe zu einem Ausfall von Steuereinnahmen und zu einem unfairen Wettbewerb mit anderen Anbietern, wie Hotels oder Taxiunternehmen. Künftig würden die Betreiber der Plattformen die Mehrwertsteuer als fiktive Lieferer erheben und abführen. Mitgliedsstaaten könnten kleine und mittlere Unternehmen allerdings von der Regelung ausnehmen.
Ab dem 01.07.2028 werde zudem der Anwendungsbereich der bestehenden „One-Stop-Shops“ etwa auf B2C-Transaktionen bestimmter Erzeugnisse wie Strom oder Gas ausgeweitet. Für den grenzüberschreitenden Verkehr eigener Waren wird laut DStV eine neue Sonderregelung eingeführt, die die derzeitigen Abruflager-Regelungen ersetzt.
Ab dem 01.07.2027 werde zudem das Reverse-Charge-Verfahren (umgekehrte Steuerschuldnerschaft) für B2B-Lieferungen von Waren und Dienstleistungen durch Lieferanten verpflichtend, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben als in demjenigen, in dem die Mehrwertsteuer anfällt.
Deutscher Steuerberaterverband e.V., PM vom 06.11.2024