Zahlt ein Verbraucher einen Immobilienkredit vorzeitig zurück, so kann er einen Teil der Provision für die Kreditgewährung zurückfordern, wenn ihm nicht mitgeteilt wurde, dass die Provision nicht von der Laufzeit des Vertrags abhängt. Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) gilt das auch dann, wenn er die Provision beim Abschluss des Kreditvertrags auf einmal entrichtet hat.
In Polen schloss eine Verbraucherin einen Hypothekenkreditvertrag mit einer Laufzeit von 360 Monaten. Beim Abschluss des Kreditvertrags zahlte sie eine in den Gesamtkosten des Kredits enthaltene Provision für dessen Gewährung. 19 Monate später zahlte sie den gesamten Kredit zurück. Sie forderte die Bank auf, ihr den Teil der fraglichen Provision zu erstatten, der der Restlaufzeit des Vertrags von 341 Monaten entsprach. Nachdem ihre Beschwerde von der Bank zurückgewiesen worden war, erhob die Verbraucherin Klage.
Das angerufene polnische Gericht hatte Zweifel hinsichtlich der Auslegung der Richtlinie über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher. Es legte die Sache dem EuGH vor mit der Frage, ob im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eines Hypothekenkredits die Provision für die Kreditgewährung teilweise zu erstatten ist. Dazu erläutert es, dass die Bank dem Verbraucher nicht mitgeteilt habe, ob die fraglichen Kosten objektiv mit der Laufzeit des Kreditvertrags zusammenhingen. Für den Fall, dass dies zu bejahen ist, fragt das polnische Gericht den EuGH zudem nach der Methode zur Berechnung des der Verbraucherin zu erstattenden Betrags.
Der Gerichtshof weist darauf hin, dass der Kreditgeber dem Verbraucher vorvertragliche Informationen über die Aufschlüsselung der Kosten nach einmaligen und regelmäßigen Kosten erteilen muss. Fehlen Informationen, anhand deren festgestellt werden kann, ob die betreffenden Kosten mit der Laufzeit des Vertrags zusammenhängen oder ob sie von dieser Laufzeit unabhängig sind, sei davon auszugehen, dass sie mit der Laufzeit des Vertrags zusammenhängen und im Fall der vorzeitigen Rückzahlung Gegenstand einer Ermäßigung sein können.
Die Bank habe der Verbraucherin hier derartige Informationen über die streitige Provision offenbar nicht erteilt. In einem solchen Fall müsse das nationale Gericht feststellen, dass auch diese Provision unter das Recht des Verbrauchers auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits fällt. Nach Ansicht des EuGH darf der Verbraucher nämlich nicht durch das Fehlen von Informationen benachteiligt werden, zu deren Erteilung der Kreditgeber verpflichtet ist. Außerdem bedeute der Umstand, dass der Verbraucher Kosten beim Abschluss des Vertrags auf einmal entrichtet hat, nicht zwangsläufig, dass diese Kosten von der Laufzeit des Vertrags unabhängig sind und daher nicht teilweise erstattet werden können.
Der EuGH stellt ferner fest, dass das Unionsrecht keine spezifische Berechnungsmethode zur Bestimmung des Betrags der Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits vorgibt. Es sei Sache des nationalen Gerichts, hierüber zu entscheiden, indem es eine Methode anwendet, die einen hohen Verbraucherschutz gewährleistet.
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 17.10.2024, C-76/22