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Eine Anwältin fuhr zu spät los, ohne Handy und Anwaltsausweis. Dass sie den Gerichtstermin verpasste, sei ihr anzulasten, so der Anwaltsgerichtshof (AGH) Nordrhein-Westfalen, wie die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) mitteilt.

Eine Rechtsanwältin kam zu spät zu einem Termin. Sie war erst 75 Minuten zuvor mit dem Pkw für eine 75 Kilometer lange Strecke zu dem Termin aufgebrochen. Das Gericht informierte sie nicht telefonisch über die Verspätung. Auch hatte sie keinen Anwaltsausweis bei sich, um schneller durch die Sicherheitsschleuse zu gelangen.

Das Anwaltsgericht hatte die Frau wegen einer berufsrechtlichen Pflichtverletzung verurteilt. Dagegen war sie in Berufung gegangen, an einem Freitag um 13.00 Uhr sollte der Verhandlungstermin stattfinden. Die Anwältin erschien jedoch 45 Minuten zu spät – da hatte das Gericht die Berufung bereits verworfen. Ihren Antrag auf Wiedereinsetzung verwarf der AGH nun als unbegründet.

Allein die eingeplante Fahrzeit sei unrealistisch gewesen: Für eine Autofahrt von 75 Kilometern zwischen Kanzlei und Gerichtsgebäude nur 75 Minuten Fahrtzeit einzuplanen, setze für ein rechtzeitiges Erreichen des Zielortes eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h voraus, rechnete der AGH vor. Innerstädtisch sei diese Geschwindigkeit nicht gestattet, außerorts erscheine eine entsprechend schnelle Fahrt an einem Freitagmittag – insbesondere durch das aktuell zusätzlich von Baustellen durchzogene Ruhrgebiet – von vornherein ausgeschlossen. Auch fürs Parken und den Fußweg zum Gerichtsgebäude hätte die Anwältin weitere Zeit einplanen müssen.

Hinzu sei gekommen, dass sie das Gericht nicht kontaktiert und über die Verzögerung informiert habe. Dass sie kein funktionsfähiges Handy mit sich getragen habe, könne sie nicht entlasten. In dem Fall hätte sie eine Tankstelle oder einen Rastplatz anfahren müssen, um das Gericht anzurufen – dies sei Anwältinnen und Anwälten nach ständiger Rechtsprechung zuzumuten.

Weiter monierte der AGH, dass die Anwältin ihren Anwaltsausweis nicht dabeihatte, was die Personenprüfung verzögerte. Das Mitführen des Ausweises sei eine Sorgfaltspflicht – auch, wer ihn nur vergessen habe, müsse sich mangelnde Vorbereitung vorhalten lassen. Da sie sogar wusste, dass sie ihn nicht dabeihatte, hätte sie hierfür noch mehr Zeit einplanen müssen – zumal sie am Gericht dem Sicherheitspersonal offensichtlich nicht bekannt war. Dass sie ortsunkundig war, lasse sich bereits daraus schließen, dass sie sich zunächst noch im Gebäude verlaufen hatte. Und schließlich, so die letzte Rüge des AGH, hätte sie die Justizmitarbeiter zumindest noch nach dem Weg fragen können.

Bundesrechtsanwaltskammer, PM vom 15.10.2024 zu Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.09.2024, 2 AGH 01/24