Obwohl die nach einem Verkehrsunfall gerufene Polizei neben dem geschädigten Pkw ein totes Reh fand, hatte das Amtsgericht (AG) München Zweifel an einem Wildunfall – und lehnte eine Haftung des Kaskoversicherers ab.
Ein Mann behauptete, mit seinem Pkw einen Wildunfall erlitten zu haben; an dem Pkw sei ein wirtschaftlicher Totalschaden entstanden. Er sei abends auf einer abschüssigen, ländlichen Straße gefahren. In einem Kurvenbereich sei ihm plötzlich ein Reh auf die Motorhaube gesprungen, so der Fahrer. Er habe deshalb nichts mehr gesehen und die Kontrolle über das Fahrzeug verloren. Zweimal sei er so gegen die rechte Leitplanke gestoßen. Nachdem das Auto zum Stillstand gekommen sei, sei das Reh von der Motorhaube gerutscht.
Der Mann hatte nach dem Unfall die Polizei verständigt; in deren Anwesenheit lag das tote Reh noch an besagter Stelle. Aus einem Kasko-Versicherungsvertrag machte der Versicherte eine Entschädigung von 2.730 Euro sowie Abschleppkosten in Höhe von 224 Euro geltend. Die Versicherung aber verweigerte eine Regulierung des Schadens: Mit Ausnahme des toten Rehs deute nichts auf einen Wildunfall hin.
Das Gericht wies die Klage des Verunfallten ab. Es sah nach Durchführung der Beweisaufnahme den Nachweis, dass das Reh für den Unfall ursächlich war, als nicht geführt an. Das unfallanalytische Sachverständigengutachten habe zwar einzelne Schäden dem Kontakt mit einer Leitplanke vor Ort zurechnen können, jedoch nicht alle insoweit maßgeblichen Beschädigungen am Fahrzeug. Anknüpfungspunkte dafür, dass es zu einer Anstoßsituation mit einem Reh gekommen ist, hätten sich aus technischer Sicht nicht ergeben.
Der Versicherte habe keinen Zeugen, der den Unfallhergang beobachtet hat. Er habe auch keine Fotos am Unfallort gefertigt oder von den Polizeibeamten fertigen lassen. Außerdem habe der das Fahrzeug verkauft; dieses sei anschließend verschrottet worden. Insofern habe der Geschädigte es vereitelt, dass ein Gerichtssachverständiger weitere Überprüfungen vornehmen konnte. Da er Ansprüche gegen seine Versicherung geltend machen wollte, hätte es ihm oblegen, entsprechende Beweise zu sichern.
Hinzu komme, dass der Versicherte eigenen Angaben zufolge innerhalb von zwei bis drei Jahren zehn Wildunfälle gehabt haben wolle und Ansprüche gegenüber unterschiedlichen Versicherungen geltend gemacht habe, die er immer wieder gewechselt habe. Auch in Anbetracht dessen seien die Anhaltspunkte nicht ausreichend für die Annahme, dass der geltend gemachte Schaden darauf zurückzuführen ist, dass ein Reh auf seiner Motorhaube zum Liegen kam und er zweimal ohne sein eigenes Verschulden eine Leitplanke berührt hat.
Amtsgericht München, Urteil vom 22.08.2024, 123 C 13553/23, rechtskräftig