Wer bei einem Fußballspiel gefoult und dabei erheblich verletzt wird, hat deswegen nicht automatisch einen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger. Für einen solchen muss der Gegner bei dem Foul schuldhaft gehandelt haben. Und: dies müsse der Geschädigte auch nachweisen können, so das Landgericht (LG) Koblenz.
Ein Mann wurde bei einem Fußballspiel von einem Spieler der gegnerischen Mannschaft gefoult und dabei erheblich verletzt. Der Schiedsrichter entschied zwar auf Foul, sah aber von weiteren Maßnahmen, zum Beispiel einer gelben oder roten Karte, ab. Der Verletzte verlangte im Nachgang von dem anderen Spieler ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro sowie einen Schadensersatz in Höhe von 215 Euro (Eigenanteile für die Behandlungen).
Der Geschädigte meint, der Gegenspieler habe es darauf angelegt, ihn in dem Spiel zu verletzen. Er sei schon vor dem Spiel verärgert gewesen, weil er, der Gefoulte, in dem Turnier für zwei unterschiedliche Mannschaften gespielt habe. Hierüber habe er sich vor dem Spiel beschwert, aber kein Gehör gefunden. Der Spieler habe dann sinngemäß angekündigt, dass er das dann eben selbst regeln müsse.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das LG verneint sowohl einen Anspruch aus § 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als auch aus § 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 223 Strafgesetzbuch.
Die Haftung eines Sportlers aus § 823 BGB setze den Nachweis voraus, dass dieser schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstoßen und dabei einen anderen verletzt habe. Ein objektiver Regelverstoß indiziere allerdings nicht automatisch ein schuldhaftes Verhalten, so das LG. Die Eigenart des Fußballspiels als Kampfspiel fordere vom einzelnen Spieler oft Entscheidungen und Handlungen, bei denen er schnell Chancen abwägen und Risiken eingehen müsse, um dem Spielzweck erfolgreich Rechnung zu tragen. Das sei im Rahmen des Schuldvorwurfes zu berücksichtigen. Ein solcher sei daher nur berechtigt, wenn die durch den Spielzweck gebotene beziehungsweise noch gerechtfertigte Härte die Grenze zur Unfairness überschreite. Solange sich das Verhalten des Spielers noch im Grenzbereich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness bewege, sei trotz objektiven Regelverstoßes kein Verschulden gegeben.
Bei Wettkämpfen mit beachtlichem Gefahrenpotential – wie dem Fußballspiel –, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Regeln oder geringfügigen Regelverletzungen die Gefahr gegenseitiger Schädigung bestehe, sei insofern davon auszugehen, dass jeder Teilnehmer diejenigen Verletzungen selbst mit schwersten Folgen in Kauf nehme, die auch bei Ausübung nach den anerkannten Regeln der jeweiligen Sportart nicht zu vermeiden seien.
Eine Haftung des gegnerischen Spielers komme hier daher nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Regelwidrigkeit oder beim Überschreiten der Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß in Betracht. Hierzu hat das Gericht Zeugen vernommen und die Parteien angehört. Der erforderliche unfaire Regelverstoß habe danach nicht nachgewiesen werden können. Insbesondere stehe nicht fest, dass es ein grobes unentschuldbares Foul gegeben habe, das zulasten des beweisbelasteten Klägers gehe. Auch die Schwere der Verletzung lasse keinen generellen Rückschluss auf ein grob fahrlässiges Einsteigen des Beklagten zu. Zudem habe auch der Schiedsrichter keine weitere Strafe für das Foul vergeben, was ein Anhaltspunkt dafür sei, dass kein grob von der Norm abweichendes regelwidriges Foul vorgelegen habe.
Landgericht Koblenz, Urteil vom 07.08.2024, 15 O 399/22, rechtskräftig