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Wer als Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe nach Verkehrsverstößen und einer nicht bestandenen medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) auf die Fahrerlaubnis verzichtet und nach deren Neuerteilung in der neuen Probezeit über rot fährt, muss erneut ein medizinisch-psychologischen Gutachten beibringen – auch wenn dies in der Straßenverkehrsordnung (StVG) nicht ausdrücklich geregelt ist. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

2014 hatte ein Mann erstmals die Fahrerlaubnis der Klasse B bekommen. Während der Probezeit wurde bei ihm bei zwei Verkehrskontrollen Cannabiskonsum festgestellt und eine MPU angeordnet. Das Gutachten fiel jedoch negativ aus. Deswegen verzichtete der Mann auf die Fahrerlaubnis auf Probe.

2020 wurde ihm dann – auf Grundlage eines nunmehr positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens – die Fahrerlaubnis neu erteilt. Kurz darauf überfuhr er eine schon länger rote Ampel. Dies nahm die Fahrerlaubnisbehörde zum Anlass, erneut ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu fordern – und zwar auf Grundlage von § 2a Absatz 5 Satz 5 StVG. Weil der Mann das Gutachten nicht fristgerecht vorlegte, entzog ihm die Behörde die Fahrerlaubnis.

Hiermit war der Mann nicht einverstanden und klagte. In erster Instanz mit Erfolg: Das Verwaltungsgericht (VG) hob die Entziehung der Fahrerlaubnis auf, weil die Beibringung eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht auf § 2a Absatz 5 Satz 5 StVG habe gestützt werden können. Die Vorschrift gelte nach ihrem Wortlaut nur, wenn die erste Fahrerlaubnis entzogen worden sei und nicht, wenn jemand – wie hier – auf die Fahrerlaubnis verzichtet habe.

Oberverwaltungsgericht und BVerwG teilten diese Rechtsansicht allerdings nicht. § 2a Absatz 5 Satz 5 StVG sei hier analog anwendbar.

Die Fahrerlaubnis auf Probe sei 1986 eingeführt worden, erläutert das BVerwG. Sie solle Fahranfängern verdeutlichen, dass sie sich zunächst bewähren müssen. 1998 habe der Gesetzgeber dann mit einer Änderung des StVG auf den Versuch reagiert, die Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe durch Verzicht und anschließenden Neuerwerb zu umgehen: Die Regelungen für den Fall der Entziehung sollten auch beim Verzicht auf die Fahrerlaubnis anzuwenden sein.

Eine solche Gleichstellung habe dabei auch für die hier in Rede stehenden Regelungen über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis und Zuwiderhandlung in der neuen Probezeit (§ 2a Absatz 5 StVG) erfolgen sollen. Doch ausdrücklich geregelt worden sei das nur für das Erfordernis der Teilnahme an einem Aufbauseminar vor Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis, nicht für die Anforderung eines Gutachtens nach erneuter Nichtbewährung in der neuen Probezeit.

Das BVerwG sieht eine nicht beabsichtigte Regelungslücke, die durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zu schließen sei. Hierfür spreche das Ziel, einer Umgehung der Probezeit mit ihren besonderen Maßnahmen zu begegnen, sowie der Sinn und Zweck der Vorschrift, im Interesse der Verkehrssicherheit auf alle Fahranfänger gleiche Regeln anzuwenden.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.10.2024, 3 C 3.23