Der Verkäufer einer Eigentumswohnung handelt sittenwidrig, wenn er die Wohnung selbstverursacht nicht fristgerecht veräußern kann und den Käufern stattdessen einen Mietvertrag bei Verzicht auf alle Schadensersatzansprüche anbietet. Dies hat das Amtsgericht (AG) Hanau entschieden. Eine solche Verzichtserklärung sei zudem beurkundungspflichtig.
Die Parteien schlossen einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung. Kurz vor dem vereinbarten Stichtag informierte die Verkäuferin die Käufer, dass die Vormerkung wegen eines Fehlers der Teilungserklärung nicht im Grundbuch eingetragen wird, sodass der Vertrag vorerst nicht vollzogen werden könne. Sie bot ihnen stattdessen den Abschluss eines Mietvertrags über die Wohnung an, allerdings unter der Bedingung, dass das Paar auf alle Schadensersatzansprüche wegen der Verzögerung verzichtet. Die Käufer erklärten sich hierzu bereit, weil ihre Mietwohnung bereits gekündigt und die Käuferin zudem schwanger war. Sie zahlten vorerst die Mieten vollständig und rechneten diese sodann teilweise gegen die Finanzierungskosten ihrer Bank auf, die den Kaufpreis weiterhin zur Auszahlung bereithielt.
Das AG Hanau hat entschieden, dass die Verkäuferin die weiteren Mieten nicht fordern kann. Denn sowohl der Mietvertrag als auch die Verzichtserklärung seien sittenwidrig. Es habe an sich überhaupt keinen Grund für die Käufer gegeben, diese Verträge einzugehen, weil die Klägerin für die Verzögerung verantwortlich war, zumal die Mieten zumindest auf den Kaufpreis hätten verrechnet werden müssen. Die Verkäuferin habe vielmehr deren Zwangslage ausgenutzt. Zwar hätten die Käufer die laufenden Kosten der Eigentumswohnung ohnehin tragen müssen. Diese seien jedoch durch die erbrachten Zahlungen getilgt gewesen. Der Verzicht auf Schadensersatz habe zudem der notariellen Beurkundungspflicht unterlegen, weil er den Kaufvertrag inhaltlich ändere, so das AG Hanau abschließend.
Amtsgericht Hanau, Urteil vom 15.03.2024, 32 C 243/21, rechtskräftig