Nebenbestimmungen zu Bewilligungsbescheiden über die Corona-Soforthilfen in Nordrhein-Westfalen dürfen nicht isoliert aufgehoben werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster entschieden.
Entsprechende Nebenbestimmungen waren nach Mitteilung des Landes sämtlichen von März bis Mai 2020 erlassenen etwa 430.000 Bewilligungsbescheiden über NRW-Soforthilfen 2020 beigefügt.
Die Bezirksregierung Düsseldorf bewilligte der seinerzeit noch in Düsseldorf ansässigen Klägerin für ihren Handwerksbetrieb Ende März 2020 eine NRW-Soforthilfe 2020 in Höhe von 9.000 Euro. Im Bewilligungsbescheid finden sich unter „II. Nebenbestimmungen“ insgesamt acht als solche bezeichnete Nebenbestimmungen, gegen die sich die Klägerin mit ihrer Klage in erster Instanz erfolglos gewandt hat.
Das OVG hat die Berufung, die noch den Großteil der Nebenbestimmungen betrifft, zurückgewiesen. In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende ausgeführt: Die Klägerin könne nicht verlangen, dass die Nebenbestimmungen aufgehoben werden und sie so die Bewilligung ohne diese Bestimmungen erhält. Sie habe hierauf keinen Anspruch.
Auch könnte die Bewilligung nicht rechtmäßig ohne die angegriffenen Bestimmungen bestehen bleiben. Die Rechtsordnung erlaube die – nur in Nordrhein-Westfalen erfolgte – Zuwendungsgewährung in Höhe des Höchstfördersatzes jedenfalls nicht ohne die angefochtenen und noch streitgegenständlichen Bestimmungen. Diese sollten sicherstellen, dass die zunächst pauschal gewährten Soforthilfen den Unternehmen nur in dem Umfang verbleiben, in dem sie nach der ausschließlichen und von der EU-Kommission verbindlich vorgegebenen Zweckbindung erforderlich waren, und überzahlte oder anderweitig erstattete Beträge zurückgezahlt werden. Sie alle hätten den Zweck, die engen Vorgaben der von der EU-Kommission genehmigten Bundesregelung Kleinbeihilfen einzuhalten. Wird eine von ihnen gestrichen, wäre deren Einhaltung nicht mehr sichergestellt, so das OVG. Die dann ohne Genehmigung der Kommission erfolgte Bewilligung verstieße also gegen die Regelungen des Unionsrechts zu staatlichen Beihilfen.
Das OVG hält die Klage schon für unzulässig, soweit sie sich gegen die Bestimmungen unter II. Ziffer 3 und 4 richtet. Diese seien nicht selbstständig anfechtbare Inhaltsbestimmungen des Bewilligungsbescheids. In diesen Bestimmungen liege jeweils ein Element der Hauptregelung, das die Einzelheiten der Bewilligung näher festlegt und konkretisiert, damit die Bewilligung den Vorgaben der EU-Kommission genügt. Soforthilfen an Wirtschaftsunternehmen hätten danach nur gewährt werden dürfen, um Liquiditätsengpässe von Unternehmen zu beheben und sicherzustellen, dass die durch den COVID-19-Ausbruch verursachten Störungen die Existenzfähigkeit solcher Unternehmen nicht beeinträchtigten. Nur für Zuwendungen, die hierfür erforderlich waren, habe die für die Rechtmäßigkeit nach dem Unionsrecht erforderliche Genehmigung der Kommission vorgelegen. Durch die Bestimmungen II. Ziffer 3 und 4 sei insbesondere die Vorläufigkeit der Bewilligung in Höhe des Höchstförderbetrags zur Einhaltung dieser Zweckbindung in unsicherer Lage zum Ausdruck gebracht worden und die hieraus folgende Pflicht zur Rückzahlung überzahlter oder anderweitig kompensierter Beträge.
Im Übrigen sei die Klage zulässig, aber unbegründet, so das OVG weiter. Die isoliert anfechtbaren Nebenbestimmungen unter II. Ziffer 5, 6 und 8 seien insbesondere nicht unzulässigerweise vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen worden. Der Bewilligungsbescheid beruhe auch auf einer Willensbetätigung der zuständigen Sachbearbeiterin. Selbst eine vollständig automatisierte Bewilligung führte im Übrigen zur Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheids und rechtfertige deshalb nicht die Aufhebung einzelner Nebenbestimmungen.
Die Nebenbestimmungen seien zudem ermessensfehlerfrei am Zweck der Bewilligung und an den Vorgaben der EU-Kommission orientiert. Eine Mittelgewährung ohne diese Bestimmungen verstieße gegen das Unionsrecht. Sie sollten sicherstellen, dass die Soforthilfe ausschließlich und vollumfänglich zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt wurde, indem entsprechende Mittelverwendungen nachzuweisen und bei Einzelfallprüfungen zu belegen sowie die in dem gesamten Bewilligungszeitraum von drei Monaten nicht zweckentsprechend benötigten oder anderweitig erstatteten Mittel anschließend zu ermitteln und zurückzuzahlen waren.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Entscheidung vom 01.10.2024, 4 A 357/21, nicht rechtskräftig