Der Grundfreibetrag gemäß § 32a Absatz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) für die Jahre 2023 und 2024 ist – trotz verfassungsrechtlicher Bedenken – mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein entschieden.
Die Kläger hatten sich gegen ihre Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheide für die Jahre 2023 und 2024 gewandt: Der bei der Berechnung berücksichtigte Grundfreibetrag – in seiner Gestalt nach dem Inflationsausgleichsgesetz – sei bereits in seiner absoluten Höhe verfassungswidrig, weil er die tatsächliche Entwicklung der Inflation nicht hinreichend berücksichtigt habe. Außerdem folge eine Verfassungswidrigkeit auch daraus, dass die Zuwendungen im Sozialhilferecht über dem Betrag lägen, den das Einkommensteuergesetz von einer Einkommensbesteuerung verschone. Dies verstoße gegen den Grundsatz, dass der Gesetzgeber das von ihm selbst definierte (sozialrechtliche) Existenzminimum auch im einkommensteuerlichen Grundfreibetrag berücksichtigen müsse.
Das FG wies die Klage ab, ohne das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorzulegen. Zwar bestünden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags; eine Vorlage zum BVerfG verlange aber eine „Überzeugung“ von der Verfassungswidrigkeit, die der Senat nicht habe.
Die Zweifel rührten unter anderem daher, dass der Gesetzgeber bei der Berechnung des Grundfreibetrags für 2024 einen Regelbedarf berücksichtigt habe, der um 312 Euro (bezogen auf das Jahr) niedriger sei als der Regelbedarf, der im Sozialrecht gewährt würde. Selbst unter Berücksichtigung der Erhöhung des Grundfreibetrags zum Ausgleich der „kalten Progression“ um weitere 132 Euro werde im Steuerrecht so ein um (312 abzüglich 132 =) 180 Euro jährlich (15 Euro monatlich) geringerer Regelbedarf zugrunde gelegt als im Sozialrecht.
Aufgrund des vom BVerfG gewährten Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers führe diese Abweichung jedoch (noch) nicht dazu, dass der Senat von der Verfassungswidrigkeit „überzeugt“ sei.
Gegen die Entscheidung wurde die im Gerichtsbescheid zugelassene Revision eingelegt. Das Verfahren wird beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen III R 26/24 geführt. Inzwischen liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 20/12783) vor, der eine Anhebung des Grundfreibetrags zum Gegenstand hat. Konkret sei eine Erhöhung um 180 Euro beabsichtigt, um die Höhe des Grundfreibetrages an die sozialrechtlichen Regelbedarfe anzupassen, teilt das FG mit.
Finanzgericht Schleswig-Holstein, Gerichtsbescheid vom 28.03.2024, 1 K 37/23