Wer auf einem Google-Unternehmensprofilen eine negative Bewertung hinterlässt, muss nicht unbedingt selbst Kunde des Unternehmens gewesen sein. Unter Umständen muss der Bewertende aber auf seine fehlende Kundeneigenschaft hinweisen, wie aus einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hervorgeht.
Anlass war die Klage einer Rechtsanwaltskanzlei gegen einen Händler. Letzterer hatte im Google-Unternehmensprofil der Kanzlei eine negative Bewertung hinterlassen, nachdem er mit einem Rechtsanwalt der Kanzlei Kontakt hatte. Bei dem Anwalt handelte es sich jedoch nicht um den eigenen Rechtsanwalt des Händlers, sondern um den seines Geschäftspartners. Der Geschäftspartner hatte seinen Anwalt eingeschaltet, nachdem es Unklarheiten über die – steuerrechtlich relevante – Gestaltung der Rechnung des Händlers gegeben hatte. Daraufhin kam es zu einem Telefonat zwischen dem Händler und dem Anwalt seines Geschäftspartners wegen der Formalien der Rechnung. Weil er mit dem Inhalt des Telefonats nicht einverstanden war, entschloss sich der Händler zu einer Google-Bewertung mit nur einem von fünf Sternen nebst negativem Kurzkommentar.
Die Kanzlei nahm den Händler vor dem Landgericht (LG) Oldenburg auf Unterlassung in Anspruch und forderte ihn zur Löschung der Bewertung auf. Das LG gab der Klage statt: Die Bewertung stelle einen rechtswidrigen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb (Artikel 12 Grundgesetz – GG) dar.
Mit seiner Berufung erzielte der Händler einen Teilerfolg. Das OLG ging zwar ebenfalls von einem Eingriff in den Gewerbebetrieb aus. Es wies aber gleichzeitig darauf hin, dass die Bewertung eine Meinungsäußerung darstelle und daher eine Abwägung mit der Meinungsfreiheit (Artikel 5 GG) erforderlich sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Bewertung unternehmerischer Leistungen auf Google-Profilen von der Allgemeinheit in der Regel nicht als reine Meinungsäußerung, sondern als Bewertung einer tatsächlich in Anspruch genommenen Dienstleistung verstanden werde. Die Bewertung des Händlers erwecke daher den Eindruck, auf einer eigenen Kundenerfahrung zu basieren.
Hier sei der Händler zwar indirekt, nämlich als Gegenpartei, mit dem Leistungsangebot der Kanzlei in Kontakt gekommen. Er habe diesen Kontakt aufgrund des hohen Stellenwertes der Meinungsfreiheit auch im Internet bewerten dürfen. Der Händler habe dabei aber deutlich machen müssen, dass seinen Erfahrungen kein eigenes Mandatsverhältnis zu der von ihm bewerteten Kanzlei zugrunde gelegen habe, so das OLG. Denn die Bewertungen von Rechtsanwaltskanzleien richte sich in erster Linie an Personen, die selbst auf der Suche nach anwaltlicher Beratung seien. Die Bewertung des Händlers besitze aber nicht die gleiche Aussagekraft wie die Bewertung eines Mandanten des Rechtsanwaltes. Für die Zielgruppe von Anwaltsbewertungen sei in erster Linie die anwaltliche Leistung für den eigenen Mandanten von Interesse, die der Unternehmer hier aber gar nicht habe bewerten können.
Das OLG stellte daher fest, dass der Unternehmer die Bewertung zwar nicht vollständig löschen, aber um den Zusatz ergänzen muss, selbst kein Mandant der Anwaltskanzlei gewesen zu sein.
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 04.06.2024, 13 U 110/23, rechtskräftig