Die Verurteilung in einer Bußgeldsache wegen fahrlässigen Überschreitens des Termins zur Vorführung eines Kfz zur Hauptuntersuchung steht einer Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis im öffentlichen Straßenverkehr nicht entgegen, auch wenn beide Taten zeitgleich verwirklicht werden und dasselbe Fahrzeug betreffen. Das stellt das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken klar.
Im Dezember 2022 war ein Mann mit seinem Pkw im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs, ohne einen Führerschein zu besitzen (was ihm auch bewusst war). Bei einer Verkehrskontrolle wurde zudem festgestellt, dass er den Termin zur Vorführung seines Fahrzeuges zur Hauptuntersuchung (HU) überschritten hatte. Die Vorführungsfrist war bereits im Februar 2022 verstrichen.
Aufgrund dessen wurden sowohl ein Straf- als auch ein Bußgeldverfahren gegen ihn eingeleitet. Das Amtsgericht (AG) Kaiserslautern verurteilte ihn wegen des fahrlässig überschrittenen HU-Termins zu einer Geldbuße von 60 Euro. Das Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis stellte es ein: Durch die Verurteilung in der Bußgeldsache sei in der Strafsache Strafklageverbrauch eingetreten. Schließlich dürfe niemand wegen einer Tat mehrmals abgeurteilt werden.
Damit war die Staatsanwaltschaft nicht einverstanden und legte Revision ein. Das OLG Zweibrücken hob daraufhin das Einstellungsurteil auf und verwies die Sache zurück. Das in der Bußgeldsache ergangene Urteil des AG stehe der Verfolgung des Vorwurfs des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht entgegen. Die Ausführungshandlungen der beiden Delikte deckten sich nicht einmal teilweise. Bei der Ordnungswidrigkeit habe der Mann in seiner Funktion als Halter eines Kraftfahrzeuges ab März 2022 den Entschluss gefasst, einer gesetzlichen Handlungspflicht nicht nachzukommen. Der Entschluss für das Fahren ohne Fahrerlaubnis beruhe auf einem gesondert im Dezember 2022 gefassten Tatentschluss.
Eine innere Verknüpfung beider Handlungen, die über eine bloße punktuelle Gleichzeitigkeit hinausgehe, liege nicht vor. Das Unterlassen das Fahrzeug zur Hauptuntersuchung vorzuführen, sei auch dann mit Bußgeld bedroht, wenn der Halter mit dem Kfz nicht am Straßenverkehr teilnehme. Die Verwirklichung dieser Ordnungswidrigkeit sei von der Benutzung oder Nichtbenutzung des Fahrzeuges im Straßenverkehr unabhängig und knüpfe allein an die Haltereigenschaft an. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis knüpfe hingegen gerade an die Fahrereigenschaft an und die Haltereigenschaft sei unerheblich. Die Taten stünden zueinander ohne erkennbare Beziehung oder Bedingungszusammenhang. Daher sei kein Strafklageverbrauch eingetreten.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 29.01.2024, 1 ORs 1 SRs 16/23